Bürger kämpfen gegen Atomkraft
Die Kernschmelze in Fukushima rief Atomstromgegner Erkraths auf den Plan. Sie engagieren sich bis heute für alternative Energien.
Erkrath. Damals saßen die Initiatoren im Freundeskreis zusammen und sprachen über die schockierenden Nachrichten aus Japan. Zunächst kam ihnen der Gedanke, sich in der nahen Landeshauptstadt an den Solidaritätskundgebungen für die japanischen Betroffenen zu beteiligen. Bis das Gespräch auf die eigene Energieversorgung und die hiesigen Stadtwerke kam.
Man beschloss, vor Ort in Erkrath die Lehren aus dem bitteren Atomunfall zu ziehen. Über einige Monate hielt die Gruppe jeden Montagabend Mahnwachen auf dem Hochdahler Markt ab. Parallel wurde ein Bürgerantrag in den Stadtrat eingebracht, mit dem erklärten Ziel, die Stadtwerke atomstromfrei zu bekommen.
Noch im Sommer des gleichen Jahres wurde der Antrag angenommen und heute sind die Stadtwerke atomstromfrei. Peer Weber bewegt das Thema Kernkraft schon lange — Ende der neunziger Jahre etwa veranstaltete er ein Benefizkonzert zugunsten von Tschernobyl-Opfern in der Heilig-Geist-Kirche. Als Sprecher der Initiative erklärt er, warum weiterhin jährlich am 11. März, dem Jahrestag des nuklearen Unfalls in Fukushima zur Hochdahler Mahnwache aufrufen wird: „Es ist tatsächlich so, dass diese andauernde Katastrophe in der allgemeinen Wahrnehmung nicht mehr vorhanden ist.“
In diesem Jahr haben sich etwa 25 Bürger versammelt und die zahlreichen Passanten an die offenen Energiefragen erinnert. Eine sehr positive Resonanz habe es gegeben, berichtet Weber von der Demostunde: „Eine deutliche Mehrheit will keine Atomkraft.“ Die betroffenen Gebiete in Japan sind noch vergleichsweise dünn besiedelt gewesen. Einige der deutschen AKWs stehen direkt in Ballungsgebieten, eine Gefahr, die derzeit von den Diskussionen über die belgischen Altreaktoren überdeckt wird. Hinzu kommt die relative Nähe hunderter weiterer Reaktorblöcke in den weiteren europäischen Ländern.
Peer Weber, Initiative Atomstromfreies Erkrath
Für Weber ist es kaum erklärbar, wie es dazu kommen konnte: „All die Argumente für die Atomkraft, was Sicherheit und Kosten betrifft, lösen sich in Luft auf und kehren sich ins Gegenteil um.“ Weder die Milliarden Euro zur Finanzierung, noch die technischen Möglichkeiten für den Rückbau und die Lagerung des Atomerbes sind gegeben. Im Deutschen Bundestag stellte Umweltministerin Barbara Hendricks in dieser Woche den Nutzen von 60 Jahren Atomzeitalter den Folgen für 30000 Generationen gegenüber.
Die Erkrather Initiative organisiert sich weiter als loser Zusammenschluss von etwa zehn Aktiven und mit einem gewachsenen E-Mail-Verteiler von Unterstützern. Wenn auch nicht so stürmisch schnell etabliert wie der Bürgerantrag, so geriet doch auch der Bau des Bürgersolarkraftwerkes auf der Trillser Sechseckschule zu einem Erfolg. „Das war ein unglaublich zäher Prozess, der auch politisch behindert worden ist,“ sagt Weber.
Nach zwei Jahren des Ringens mit vielen Entscheidungsträgern in Erkrath läuft dort seit 2015 die von einer Wuppertaler Energiegenossenschaft betriebene Stromerzeugung. Zirka 60 Prozent davon wird direkt in der Schule verbraucht. An einem Minimodell können die Schüler ihre Anlage kennenlernen und ein Display informiert die Anwohner über die aktuelle Leistung.
Trotz der mühevollen Erfahrungen bleibt die Initiative auf der Suche nach weiteren mindestens 200 Quadratmeter großen und möglichst unverschatteten Dächern in der Stadt, auf denen Folgeprojekte entstehen könnten.