Drei Jahre Haft für jugendliche Täter
Insgesamt 15 Straftaten werden den beiden Angeklagten im Prozess zur Last gelegt.
Wuppertal/Erkrath. Schwerer sexueller Missbrauch, Diebstahl und Betrug: Beim Verlesen des Urteils gegen zwei Angeklagte im Berufungsverfahren vor der Jugendkammer des Wuppertaler Landgerichts konnten Beobachter schnell den Überblick verlieren. Insgesamt 15 Straftaten hatten beide miteinander oder auch getrennt voneinander begangen. Dafür waren sie im vergangenen Jahr vom Amtsgericht in Mettmann zu jeweils drei Jahren Jugendstrafe verurteilt worden.
Die Angeklagten hatten selbst Berufung gegen das Urteil eingelegt, und diese wurde nun verhandelt. Inzwischen sind weitere Straftaten aktenkundig geworden, die ebenfalls zur Anklage kommen sollen.
Vorsitzender Richter
Gestanden haben sie mittlerweile nicht nur den sexuellen Missbrauch einer Zwölfjährigen, die eine der Angeklagten im Schatten des Düsseldorfer Hauptbahnhofs zu Boden geworfen hatte. Hinzu kamen Gepäckdiebstähle am Düsseldorfer Flughafen, Einbrüche in Imbissbuden und geklaute Han dys. Einer der beiden hatte zudem versucht, einen Taxifahrer auszurauben. Auf der Anklagebank saßen nun ein 15-jähriger Erkrather und ein 19-Jähriger aus Haan — beide sind seit einem Jahr in Untersuchungshaft. Und gleich zu Verhandlungsbeginn gab es bereits einen Eklat.
Der Weigerung eines der beiden Angeklagten, sich nochmals zu den Tatvorwürfen zu äußern und dessen respektlosen Äußerungen folgten klare Worte von der Richterbank. „Wir verhandeln hier sehr offen. Der Erziehungsbedarf ist derart hoch, dass man sich fragen kann, ob drei Jahre Jugendstrafe genug sind“, stellte der Vorsitzende Richter gleich klar, dass am Ende des Berufungsverfahrens kaum mit einem geringeren Strafmaß zu rechnen sei.
Dadurch wiederum sah sich dessen Anwalt dazu genötigt, den Richter für befangen zu erklären. „Es kann nicht sein, dass man als Angeklagter das Gefühl hat, froh sein zu können, wenn man überhaupt noch mal das Tageslicht sieht“, kritisierte der Verteidiger des 15-Jährigen den Kommentar des Richters.
Die Verhandlung wurde unterbrochen, um nach der Ablehnung des Befangenheitsantrages mit der Zeugenvernehmung fortgesetzt zu werden. Mit im Gerichtssaal: Professor Pedro Faustmann, der den jüngeren der beiden Angeklagten begutachtet hatte. „Da ist mit normalen pädagogischen Maßnahmen nichts mehr auszurichten“, so das Fazit des psychiatrischen Sachverständigen. Jugendliche Intensivtäter seien meist — wie auch in diesem Fall — schon vor der Strafmündigkeit auffällig geworden. „Das geht oft schon im Kindergarten los. Die Ursachen sind im Elternhaus zu suchen, dort fehlen Halt und klare Grenzen“, so Faustmann.
Aufgrund fehlender Erfolgsaussichten zog der ältere der beiden Angeklagten die Berufung zurück. Gegen den 15-jährigen Intensivtäter wird nun nicht-öffentlich weiterverhandelt.