Hochdahl Zweites Zuhause für Kinder in der Sandheide

Erkrath · Das Kinderhaus am Irene-Nett-Weg ist eine wichtige Anlaufstelle für den Nachwuchs im Stadtteil. Fast alle Besucher haben einen migrantischen Hintergrund.

Das Kinderhaus Sandheide ist seit vielen Jahren eine beliebte Anlaufstelle im Quartier.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Mittendrin im dicht besiedelten Hochdahl und doch von viel Grün umgeben – für das städtische Kinderhaus Sandheide hätte man kaum einen besseren Standort finden können. Zum zweigeschossigen großen Haus mit Küche, Bastel- und Musikraum und vielen Zimmern mehr gehören eine Außenspielfläche (bei heißem Wetter auch mit Pool), ein Bolzplatz und eine Sporthalle. Viel Platz zum Spielen und Toben, aber auch zum gemeinsamen Büffeln, denn die Lernzeit (mit Imbiss) gehört seit Langem zum festen, verlässlichen Angebot.

Sie wurde in den 90ern eingerichtet für Grundschulkinder, die Unterstützung bei den Hausaufgaben brauchen, dabei aber nicht auf die Unterstützung ihrer Eltern setzen können. Meist hat dies nichts mit fehlenden Willen, sondern mit mangelnden Sprachkenntnissen der Eltern zu tun, wie Kinderhausleiter Nicolai Zimmermann berichtet. Die Kinder, die kämen, hätten mittlerweile ausschließlich Migrationshintergrund. Sie würden Zuhause zwar gut versorgt, doch es fehle die Förderung. Das mache sich besonders auch nach den Schulferien bemerkbar: Während dieser Zeit werde kaum etwas vertieft und man müsse bei der Lernzeit dann häufig wieder von vorne anfangen, den Neustart-Knopf drücken.

Auch aus diesem Grund ist das Kinderhaus gut mit den Grundschulen vernetzt und bekommt von ihnen zum Beispiel vorsorglich Material, falls die Kinder mal vergessen, es zur Lernzeit mitzubringen. Die Schulen machen die Eltern ganz explizit auf das Kinderhaus und seine Möglichkeiten aufmerksam. Weitere feste Kooperationspartner sind Hochdahler Vereine und das Quartiersmanagement. Nach der Lernzeit, für die man seine Kinder anmelden muss, ist von 14 bis 18 Uhr offenes Programm für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre. Für diesen Teil der Kinderhaus-Arbeit wird gerade an neuen Programmen gearbeitet, an Kursen und Sportgruppen.

Neuer Campus wird weitere Möglichkeiten eröffnen

Denn seit Vernichtung der benachbarten Grundschule durch Brandstiftung ist das Kinderhaus etwas abgeschnitten von seiner Klientel, nachmittags ist jedenfalls deutlich weniger los, erzählen Nicolai Zimmermann und Claudia Petermann, die seit vielen Jahren Teil des Kinderhaus-Teams ist. Beide freuen sich daher über jeden Fortschritt auf der Großbaustelle Campus Sandheide, die künftig Grund- und Förderschule auf dem alten Grundschulareal zusammenführen und auch dem Kinderhaus neue Möglichkeiten eröffnen wird: Nördlich des Gebäudekomplexes soll ein großzügiger öffentlicher Raum zur Durchquerung des Geländes mit Spiel- und Freizeitangeboten für jedermann entstehen. Das wird allerdings noch bis 2026 dauern.

Das Kinderhaus macht Programm, unterhält, fördert, organisiert Projekte und Feste, ist aber auch Kummerkasten für seine Besucher. Claudia Petermann erzählt von einer jungen Mutter mit drei Kindern, die immer wieder mal nach Ratschlägen in Sachen Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder fragt. Zudem kennen die Mitglieder des aktuell vierköpfigen Kinderhaus-Teams „ihre“ Kinder so gut, dass sie meist schnell merken, wenn eines von ihnen Kummer hat. Dann wird nachgefragt, getröstet, geholfen so weit es geht. „Gerade das Familiäre ist das Wichtige am Kinderhaus“, unterstreicht Nicolai Zimmermann, der das Kinderhaus seit 2020 als Nachfolger von Annette Schinnenburg-Kapteina leitet.

Sie war Anfang 2020 nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben, engagierte sich bis dahin fast 30 Jahre lang im Kinderhaus und hatte auch noch dessen Gründerin Irene Nett gekannt, deren Nachfolge sie 1996 angetreten hatte. Sozialarbeiterin Irene Nett hat die Pionierarbeit geleistet, wollte die Kinder von der Straße holen und einen offenen Bereich, eine Anlaufstelle schaffen. Los ging es mit einer von der Stadt angemieteten Wohnung in der Sandheide, später folgte der alte Kindergarten in der Schildsheider Straße. Als dort ein Neubaugebiet entstehen sollte, stellt sich die Frage nach der Zukunft des Kinderhauses und die Politik beschloss nach zähem Ringen, das heutige Kinderhaus zu bauen.

Von Irene Nett heißt es, sie habe von Anfang an auch die Mütter von Kindern mit Migrationshintergrund eingebunden. Integration oder besser Inklusion (das Aufnehmen in der Mitte der Gemeinschaft) habe sie gelebt, bevor die Begrifflichkeiten Einzug in politische Debatten hielten. Am Kinderhaus gibt es eine Plakette, die an die Gründerin erinnert, in deren Sinne das offene Haus nach wie vor geführt wird.