Protest und Gegenprotest in Erkrath Zwischen Protest und Gedenken
Erkrath · Der Bürgerprotest in Erkrath hat Zulauf. Er wird von zahlreichen Parteien der Stadt unterstützt und soll fortgesetzt werden.
(dne) 66 Grablichter flackern in der Dunkelheit; für jeden Corona-Toten in Erkrath eins. Für die sogenannten Spaziergänger ist das Lichtermeer kein Grund innezuhalten. Sie lassen die Kerzen und rund 50 Erkrather Bürger auf der Bahnstraße einfach rechts liegen und ziehen eine knappe Stunde lang ihre Kreise durch Alt-Erkrath. So stumm wie jeden Montag. Und wie an jedem Montag hat sich ganz offenbar niemand gefunden, der zur Kritik an staatlichen Coronaschutzmaßnahmen und der Impfpflicht als Anmelder einer Demo stehen möchte. An den voll besetzten Boule-Bahnen heben Spieler kurz den Blick. Einer von ihnen schüttelt den Kopf: „Das sind keine Spaziergänger, sondern Irrläufer.“
Das Transparent an der evangelischen Kirche – „Impfen ist Nächstenliebe“ – wurde Ende vergangener Woche runtergerissen. Offenbar von Menschen, die das anders sehen. Aber auch hier ist Erkrath nicht mehr bereit, der kleinen Gruppe der Kritiker einfach so die Bühne zu überlassen. Aus Solidarität und um ein Zeichen zu setzen, hat die katholische Kirche das Transparent der Protestanten kopiert. Und auch die Zahl der Gegendemonstranten in Erkrath wächst. Politiker der Erkrather SPD, Grünen, FDP und Linken unterstützen die Gruppe. Eine Frau ist zum ersten Mal als Protestlerin auf der Straße und kündigt an: „Ich will auch beim nächsten Mal dabei sein. Bei wem kann ich mich auf einen Verteiler von Informationen setzen?“ Auf Ankündigungen vorab hat der Bürgerprotest dieses Mal verzichtet. Man wolle nicht, dass sich die Gruppen gegenseitig hochschaukeln.
Im Vorübergehen picken die Corona-Maßnahmen-Kritiker die Mahnung auf, man solle vorsichtig sein, mit wem man da in der Dunkelheit um die Erkrather Häuser ziehe: „Sehe ich aus wie ein Nazi? Ich bin Ausländer“, sagt ein junger Mann. Auch andere aus der Spaziergänger-Gruppe wollen sich nicht in die rechte Ecke stellen lassen.
Der Spaziergang endet vor einer Pizzeria an der Bahnstraße, deren Besitzer einen großen Behälter mit Glühwein vors Lokal gestellt und der Gruppe Sonderpreise für die Pizzas gemacht hat. Ein Mann kommt und erzählt seine Geschichte. Vergeblich habe er Bürgermeister Christoph Schultz bei dessen Bürgersprechstunde aufgesucht. Als Gastwirt habe er von Schultz Unterstützung erwartet, weil die staatlichen Hilfen nie bei ihm angekommen seien. Auf Nachfrage erklärt er, dass er seine Gaststätte in Düsseldorf-Flingern betrieben habe. Erst gibt er an, er habe sein Haus verkaufen müssen (“meine Altersvorsorge“), um die Kneipe halten zu können.
Wenig später sagt er: „Ich musste meine Wirtschaft verkaufen.“ Jetzt warnt er drastisch vor der Impfpflicht für Pflegeberufe ab März: „Dann werden viele Alte und Kranke sterben“, weil ja schon jetzt nicht genug Personal vorhanden sei. Dann geht er wieder und telefoniert.