Missbrauch: Gutachterin bestätigt Glaubwürdigkeit der Vorwürfe
Auch der Therapeut der heute 30-jährigen Nebenklägerin schließt aus, dass die Frau die Anschuldigungen gegen den eigenen Vater erfunden haben könnte.
Erkrath/Wuppertal. Im Fall eines Familienvaters, der in Erkrath seine Tochter über viele Jahre sexuell missbraucht haben soll (WZ berichtete), ging es am vierten Verhandlungstag vor dem Wuppertaler Landgericht vor allem um die psychologischen Auswirkungen der Taten auf das mutmaßliche Opfer und um die Glaubwürdigkeit der heute 30-Jährigen. Sie tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf.
Ein Psychotherapeut, an den sich die Frau hilfesuchend gewandt hatte, berichtete von massiven psychischen Störungen bis hin zur akuten Gefahr einer Selbsttötung, die zwischenzeitlich sogar stationäre Behandlungen erforderlich machten. Die Aufarbeitung des Geschehens vor Gericht bezeichnete der Therapeut ausdrücklich als positiv für die Persönlichkeitsentwicklung der Frau. Auf Nachfrage schloss er kategorisch aus, dass die Tochter die Vorwürfe gegen den heute 58-jährigen Vater nur erfunden haben könnte.
Zum selben Ergebnis kam eine Diplompsychologin, die als Gutachterin im Auftrag des Gerichtes die Aussagen der Tochter beurteilen sollte. Sie bestätigte anhand zahlreicher Beispiele die Glaubwürdigkeit der Frau. Die Beschreibungen der Taten und ihrer Umstände seien „erlebnisorientiert“ und nicht erfunden, so ihr Urteil.
Zu Widersprüchen in zeitlich auseinanderliegenden Vernehmungen, die eine eindeutige Klärung der Abläufe unmöglich machen, erklärte die Gutachterin, diese lägen im Rahmen der in der Forschung zulässigen Abweichungen und beeinträchtigten die grundsätzliche Glaubwürdigkeit nicht.
Trotzdem geriet der Anklagevertreter am Ende des Verhandlungstages in Bedrängnis. „Es muss ein ernstes Wörtchen über die Anklage gesprochen werden“, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Märten in Richtung der Staatsanwaltschaft. Weil in mehreren Einzelfällen konkrete, nachweisbare Informationen fehlen, muss die Zahl der dem Vater vorgeworfenen Taten wohl deutlich reduziert werden. Dem 58-Jährigen wird derzeit Missbrauch in 74 Fällen vorgeworfen. Dazu soll ein internes Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht außerhalb der öffentlichen Hauptversammlung Klärung bringen.
Die Verhandlung wird in der kommenden Woche fortgesetzt.