Mogli-Kinder feilen an Skulpturen
Die Bewohner des Familienwohnhauses lernten unter Anleitung eines Bildhauers den kreativen Umgang mit Ytong und Speckstein.
„Das Erfolgserlebnis ist ganz wichtig“, nennt Sozialarbeiterin und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Tania Meisner einen zentralen Aspekt, den die im Familienwohnhaus Mogli wohnenden Kinder und Jugendlichen beim kreativen Arbeiten mit Bildhauer Wolfgang Sendermann erfahren durften: „Und dass wir das Ergebnis jetzt bei allen Mahlzeiten vom Esstisch aus sehen können, ist toll.“
Wolfgang Sendermann, Bildhauer
Das Ergebnis sind zwei Skulpturen aus Ytong — ein Mann und eine Frau — die im Garten vorm Esszimmerfenster einen festen Platz gefunden haben. Die Idee dazu hatten die Kinder selbst; wie man mit Steinen und Werkzeug umgeht, hat der Erkrather Künstler und Vorsitzende des Förderkreises Kunst und Kulturraum Erkrath e.V. den Kids gezeigt.
„Gestern war eigentlich schon alles fertig“, erzählt Noelle (11), „heute haben wir die Steine noch angemalt.“ Während sich die Älteren an die kindshohen Figuren aus Ytong wagen durften, arbeiteten die Jüngeren der neun „Mogli-Kinder“ mit Speckstein.
Spaß gemacht hat es allen, auch denen, die zunächst ein wenig ungeduldig ihre Steine feilten und polierten und schnelle Ergebnisse sehen wollten. „Es musste etwas sein, dass in zwei Tagen fertig ist“, erklärt Sendermann, der seit mehreren Jahren in Wuppertal bereits Kunstprojekte speziell für Kinder mit ADHS durchführt.
Die Förderung der Feinmotorik, der Umgang mit Werkzeugen, vor allem aber, sich kreativ etwas zu überlegen, dies miteinander im Team zu gestalten und sich mit neuen Materialien und dem Künstler auseinanderzusetzen — all das nennt Anja Knoche als elementare pädagogische Ziele, die das ehrenamtliche Kunstprojekt unterstütze: „Der Austausch untereinander ist ja auch etwas, das wir hier im Haus sehr pflegen“.
Das Projekt sei einer von vielen kleinen Bausteinen, über die Vertrauen und Bindungsfähigkeit entstehe — etwas, das viele der jungen Bewohner in ihren richtigen Familien nie kennengelernt oder aber verloren haben, beispielsweise weil ein Elternteil psychisch krank ist oder unter einer Sucht leidet.
Seit drei Jahren führen Anja Knoche und ihre Lebenspartnerin Tania Meisner das Familienwohnhaus Mogli und leben dort als Betreuerinnen mit neun Kindern und Jugendlichen im Alter von neun bis 15 Jahren zusammen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht in ihrem Elternhaus aufwachsen können.
Unterstützt werden die beiden Sozialpädagoginnen dabei von drei Erziehern. „Die ersten drei Jahre waren sehr hart. Es gab auf allen Ebenen viel zu tun“, so Meisner, die das „Projekt“ Familienwohnhaus mit ihrem Arbeitgeber, der Awo im Kreis Mettmann, aus der Taufe gehoben hatte, als das ehemals in privater Trägerschaft geführte Haus aufgrund des Rentenalters der Betreiber vor dem Aus stand. Der Einsatz habe sich mehr als gelohnt: Die Kinder hier aufwachsen zu sehen und ihnen gute Startchancen für ein eigenständiges Leben mitzugeben, sei alle Mühe wert gewesen.