Geldstrafe statt Finderlohn
Das Amtsgericht verurteilt einen Mann, der eine 55 000 Euro teure Bratsche gefunden und „vergessen“ hat, sie abzugeben.
Mettmann/Düsseldorf. Eigentlich sollte der Mettmanner am Montag vor dem Amtsgericht Düsseldorf erscheinen. Doch er kam nicht — die Anklagebank blieb leer. Somit ließ der 32-Jährige dem Gericht keine Wahl: Es erließ einen Strafbefehl. Der Finder einer Bratsche muss 1200 Euro Strafe zahlen.
Ihm wird vorgeworfen, im April 2009 in einer Regionalbahn von Düsseldorf nach Essen einen Geigenkoffer gefunden zu haben. Der Inhalt war ein wahrer Schatz: eine Viola „Luigi Bajoni Anno 1855 Milano“ und zwei dazugehörige Meisterbögen. Geschätzter Gesamtwert: 55 000 Euro.
Doch anstatt die kostbare Bratsche abzugeben, nahm der Finder sie mit nach Hause — und vergaß sie dann angeblich. Mehr als ein Jahr lang das Instrument bei dem Angeklagten zu Hause herum, bis er im Juli vergangenen Jahres auf die Idee kam, die Fundsache zu Geld zu machen.
Doch bei Geigenbaumeister Rodolfo Angilletta in der Düsseldorfer Altstadt war der Mettmanner an der richtigen Adresse. „Ich habe auf den ersten Blick gesehen, dass es sich um ein wertvolles Stück handelt“, sagte Angilletta am Montag der WZ. Und als der Verkäufer ihm seine Geschichte erzählt hatte, wurde der Geigenbauer erst richtig neugierig: Das Instrument stamme aus Familienbesitz, so wurde ihm erzählt, wäre vom Großvater vererbt und lange nicht gespielt worden. „Der Mann wusste nicht einmal, was für ein Instrument das war“, erinnert sich Angilletta — vom Wert ganz zu schweigen.
Der Geigenbaumeister schaute sich daraufhin das Instrument genauer an und merkte: „Das passt alles nicht zusammen.“ Denn das angeblich lange ungenutzte Instrument war tadellos gepflegt, hatte neue Saiten aufgezogen, auch die beiden Meisterbögen waren neu behaart.
Er habe sich bei dem dubiosen Verkäufer Bedenkzeit ausgebeten und die Polizei informiert. Doch die konnte oder wollte ihm nicht weiterhelfen — es lag keine Verlustanzeige vor. Also recherchierte Rodolfo Angilletta auf eigene Faust, identifizierte das Instrument und fand schließlich heraus, dass es einem Aachener Musiker gehörte. Als er diesen anrief und ihm sagte, dass er seine Bratsche habe, sei er „mehr als sprachlos“ gewesen, verriet Angilletta.
Der Geigenbaumeister hat inzwischen auch eine Belohnung von dem Musiker bekommen. „Er ist Japaner“, sagte Angilletta, „und war es gar nicht gewohnt, dass in der Bahn etwas abhandenkommen könnte. Das hat er jetzt gelernt.“
Gelernt hat der Mann aus Fernost aber auch, dass es üblich ist, Finderlohn zu zahlen. Den bekam der Geigenbauer, nicht der ursprüngliche Finder.