100 Schüler und ein Steinbrück
Der SPD-Kanzlerkandidat stellte sich am Dienstag den Fragen von Gymnasiasten, die sich dem Politiker nicht im Schongang näherten.
Hilden. Gesagt ist gesagt. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi als „Clown“ bezeichnet. „Ich stehe dazu“, sagt er vor gut 100 Oberstufenschülern des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Hilden. Die hatten ihn für Dienstag zu einer Fragestunde eingeladen. Die Schüler stehen kurz vor dem Abitur. Für sie steht die erste Bundestagswahl an. Sie wohnen in Steinbrücks Wahlkreis.
Souverän leiten Judith Rönsch (18) und Stufensprecher Dennis Boczek (18) die Fragerunde. „Wir sprechen ihn hauptsächlich auf Themen an, die wir auch im Unterricht besprochen haben“, sagt Rönsch. „Wenn er Bundeskanzler werden sollte, interessiert uns, was er wirtschaftlich machen wird“, sagt Boczek: „Das wird für alle spannend und aufregend.“ Etwas nervös wirken die beiden schon.
Kurze Vorstellung: „Peer Steinbrück, geboren am 10. Januar 1947 in Hamburg. Dort aufgewachsen. In der Mittelstufe sitzen geblieben (Lacher im Publikum), an Mathe und Alt-Griechisch gescheitert. Das lag an den Lehrern, nicht an mir.“ Das Eis ist gebrochen. Da vorne steht jemand, der sagt, was er denkt. „Es ist wichtig, auch einmal den Menschen kennenzulernen“, sagt Rönsch.
Und dieser Mensch nimmt die Schüler in die Pflicht, selbst politisch aktiv zu werden: „Der Laden läuft nur, wenn jemand bereit ist, sich um das Gemeinwohl zu kümmern.“ Sie seien die Generation, die Europa weiterentwickeln müsse — und die Generation, die morgen die heute gemachten Schulden bezahlen müsse.
Steinbrück bleibt keine Antwort schuldig. Finanzkrise („Griechenland rutscht in die Verelendung“), Steuerflucht („Der Druck auf die Schweiz muss zunehmen, dass sie die deutschen Steuerdaten herausgeben“) und Steinbrücks Berlusconi-Kommentar („er hat ein SPD-Mitglied als KZ-Wächter bezeichnet, auch andere Ministerpräsidenten hätten mit einem wiedergewählten Berlusconi ihre Probleme“) werden angesprochen. Auch die Meinung Steinbrücks zu Verbraucherschutz, Frauenquote und die steuerliche Situation gleichgeschlechtlicher Paare interessiert die Schüler.
Die Moderatoren wollen ein Spiel mit Steinbrück spielen. Er soll Sätze vervollständigen: „Meine Freunde nennen mich . . .“ „Das verrate ich nicht.“ „Das Gehalt von Politikern ist . . .“ „Eine Antwort gibt es nur, wenn keine Journalisten im Raum sind.“ „Ein Fettnäpfchen ist . . .“ „Das kenne ich nicht. Gelegentlich verrutschen mir einige Bilder.“
Nach fast anderthalb Stunden ist die Veranstaltung vorbei. Boczek ist zufrieden: „Er hat unsere Fragen überzeugend beantwortet.“ Rönsch ergänzt: „Er hat vorher gesagt, er wolle nicht in Phrasen reden. Daran hat er sich gehalten.“
Und auch im Publikum wird Steinbrück Respekt gezollt. „Er ist direkter als die meisten anderen Politiker“, sagt Pauline Rittel (17). Ob sie Steinbrück ihre Stimme bei der Bundestagswahl geben werden, wissen sie noch nicht. „In einigen Punkten stimme ich mit ihm überein“, sagt Boczek, der „eigentlich eher der CDU zugeneigt“ ist.