Der Weidig von der Post
Seit 30 Jahren ist Udo Weidig Postzusteller, davon 22 im selben Hildener Bezirk. Er kennt seine Kunden — und sie ihn.
Hilden. Kalt ist es. Doch das macht Udo Weidig nichts aus. „Ich arbeite lieber bei Kälte und Sonnenschein als bei zehn Grad und Regen. Auch 25 Grad wären mir schon zu viel“, sagt der Postzusteller.
Mit seinem Wägelchen schlängelt er sich im Zick-Zack durch die Innenstadt. Rund 30 bis 40 Kilogramm schiebt er vor sich her. Die meisten Kollegen fahren die Post mit dem Fahrrad aus. Weidig läuft. Schulstraße, Bismarckstraße, Kurt-Kappel-Straße, Markt und Mittelstraße — zügig arbeitet sich der 48-Jährige von Haus zu Haus und von Geschäft zu Geschäft.
Die Hildener Innenstadt ist sein Revier — besser gesagt Bezirk. Seit mehr als 30 Jahren bringt Weidig den Menschen in Hilden ihre Post. Auf der Bismarckstraße sieht er auf der anderen Straßenseite einen Kollegen vom Paketdienst: „Lass mich raten — zweite Etage?“ Man kennt sich. Auch viele seiner Kunden kennt Udo Weidig nach rund 22 Jahren im gleichen Bezirk mit Namen, weiß in der Regel, wo die Menschen wohnen.
„Die meisten Häuser haben ihre Briefkästen außen. Auch das sorgt dafür, dass ich insgesamt nicht mehr so viel Kontakt zu den Kunden habe, wie früher“, sagt der Postzusteller. „Vor 25 Jahren waren meist die Frauen zu Hause anzutreffen. Heutzutage arbeiten immer mehr von ihnen. Aber etwa 60 Prozent der Kunden kenne ich dann doch noch.“ Und damit er nicht regelmäßig vor verschlossenen Türen steht — wenn niemand aufmacht —, hat er inzwischen von vielen Häusern, bei denen die Briefkästen innen sind, einen Schlüssel. „Ein Vertrauensbeweis“, sagt Weidig.
Kurt-Kapell-Straße — an einigen Häusern sind die Briefkästen im Treppenhaus. Ein Griff in die rechte Jackentasche, ein flüchtiger Blick auf den dicken Schlüsselbund und da ist der Richtige. Jetzt kommt Weidig ins Haus.
„Natürlich sind das alles routinierte Abläufe“, erklärt er. Vorsortiert wird morgens in der Poststation. Zweieinhalb Stunden lang. „Das Austeilen der Post dauert im Schnitt dreieinhalb bis vier Stunden. Manchmal bin ich auch ein bisschen schneller“, sagt Weidig. Rund 800 Haushalte versorgt er mit Post.
Sein Arbeitstag beginnt gegen halb sechs, Feierabend ist, wenn alles normal läuft, zwischen 14 und 14.30 Uhr. Dabei hält der Postzusteller eine festgeschriebene Route ein. „Wenn ich einen anderen Weg laufen würde, wäre ich bei einem möglichen Arbeitsunfall nicht versichert.“
Mittelstraße — vor den Briefkästen agiert Weidig schneller als ein Hütchenspieler auf einem Jahrmarkt. Auf die Namensschilder schaut der Postzusteller gar nicht mehr. Braucht er auch nicht. Ein kurzer Blick auf den Brief oder die Zeitschrift genügt und das Ganze landet im zweiten Briefkasten von links. Nächster Brief ganz rechts.
Und weiter geht’s. „Ich dachte sie hätten Urlaub“, sagt eine Fußgängerin. „Nächste Woche“, entgegnet Weidig. Vor einem Geschäft fragt ihn eine ehemalige Kollegin: „Bist du jetzt immer hier unterwegs?“ Darauf Weidig: „Schon seit 22 Jahren.“
Was den Reiz seines Berufs ausmacht? „Ich habe einfach gerne Kontakt mit Menschen. Dazu kann ich mich viel bewegen, bin viel draußen“, sagt er. Vor dem Rathaus schließt er einen Kasten auf. Zwei weitere Postsäcke. Die Taschen am Wägelchen werden aufgefüllt — weiter geht’s.