Berufstätige Senioren in Hilden Warum sie trotz Rente weiter arbeiten
Hilden · Die Zahl der Menschen in Hilden, die auch nach Erreichen des Renteneintrittsalters noch arbeiten, steigt seit Jahren stetig an. Was sind ihre Beweggründe? Zwei Beispiele.
Nein, als Senior nehme er sich selbst nicht wahr. Es sind klare Worte, die Hans Zoethout für seine aktuelle Lebenssituation findet. Er wirkt jung geblieben, seine Augen fixieren sein Gegenüber, während er spricht. Der 67-Jährige arbeitet im Seniorenzentrum Erikaweg. Dabei war es schon einmal in Rente – für ein halbes Jahr. Das war im Winter, erzählt er. Die Tage seien ihm damals ziemlich grau und kurz vorgekommen, weshalb er angefangen habe, Vokabeln zu lernen. Trotzdem seien seine Tage nicht voll genug gewesen. Schnell habe er festgestellt, dass diese Langweile nichts für ihn sei.
„Ich konnte mit dem Stress im Beruf immer gut umgehen. Die Rente war dann plötzlich ein Überangebot an Freizeit“, berichtet er. Zur selben Zeit habe man im Seniorenzentrum händeringend nach einem Mitarbeiter in der Führungsebene gesucht. Zoethout entschied sich, noch einmal in den Beruf einzusteigen. Er erkenne für sich viele Vorteile darin, auch mit 67 noch berufstätig zu sein: „Das hält den Kopf rund. Die Gedanken können kreisen“, glaubt er. Auch aus diesem Grund halte er es für viele Senioren für sinnvoll, auch nach Erreichen des Rentenalters weiter zu arbeiten. „Es braucht natürlich individuelle Absprachen, was jeder Einzelne noch leisten kann und will“, glaubt er. Dann aber halte er Fälle wie seinen in jeder Branche für möglich.
Zahlen der Bundesagentur für Arbeit belegen die Entwicklung, dass immer mehr Menschen auch im hohen Alter noch arbeiten. Während im Jahr 2019 insgesamt 1289 sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte in Hilden angestellt waren, waren es im Jahr 2023 schon 1599 Menschen. Gestiegen war dabei vor allem die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Das stärkste Wachstum konnte außerdem zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021 festgestellt werden, bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ebenso wie bei den geringfügig Beschäftigten. Aus den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit wird außerdem deutlich, in welchen Branchen die Senioren überwiegend arbeiten.
Die Arbeit gibt das Gefühl gebraucht zu werden
Den größten Anteil machten in den vergangenen fünf Jahren der Handel sowie die Instandhaltung und Reparatur von Autos aus. Im Gesundheits- und Sozialwesen wurden in Hilden im letzten Jahr 66 Stellen von sozialversicherungspflichtig Beschäftigen Personen im Alter von über 65 Jahren und 88 Stellen von geringfügig Beschäftigen über 65 Jahren besetzt.
Eine dieser Stellen hat Barbara Jakubiak inne. Sie betreut im Seniorenzentrum rund zehn Bewohner. Als Präsenzkraft habe sie viel Zeit für persönliche Gespräche mit ihnen, die sie sehr genieße, berichtet sie. Angetreten hat sie ihre Stelle mitten in der Corona-Pandemie im Jahr 2020 – in Altenheimen herrschten damals zeitweise strenge Besuchsverbote. Sie habe mit den Bewohnern damals gemeinsam gegen die Einsamkeit angekämpft, berichtet die 69-Jährige. Selbst war sie nie einsam, betont sie. „Aber ich weiß, dass Menschen ganz verschiedene familiäre Situationen haben.“ Ihre Arbeit im Seniorenzentrum gebe ihr das Gefühl gebraucht zu werden, berichtet sie. Nach einem halben Tag getaner Arbeit habe sie das Gefühl, sich Pause und Entspannung richtig verdient zu haben. Eine wichtige Rolle spiele für sie aber auch der kollegiale Zusammenhalt und die tägliche Bewegung, die sie durch ihre Arbeit habe.
Das Geld spielt weder für Hans Zoethout noch für Barbara Jakubiak eine große Rolle, erzählen sie. „Jeder freut sich natürlich über mehr Geld“, meint Jakubiak. Eine Festanstellung lohne sich als Rentner aber wenn, dann ohnehin nur fürs Finanzamt, meint Hans Zoethout.
Seine Stelle im Seniorenzentrum war von Anfang an befristet. Mittlerweile habe man einen Nachfolger für ihn gefunden. Der 67-Jährige freue sich auf seinen nächsten Versuch als Rentner, erzählt er. Ende des Jahres werden auch seine ersten Freunde in den Ruhestand eintreten. Dann könne man auch mal vormittags zusammen in die Sauna gehen. Eben Dinge machen, die als Berufstätiger nicht so einfach möglich sind, berichtet er.