Markus Herweg aus Hilden Schlussstrich nach drei Generationen Schaustellerei
Hilden · . Dem kleinen Mädchen ist die Vorfreude anzusehen. „Vier Runden, bitte“, sagt seine Mutter am Verkaufsschalter. Markus Herweg reicht der Frau die gelben Fahrchips in Wolkenform. Eine Klingel ertönt, dann setzt sich das Karussell langsam in Bewegung.
Auf den bunten Pferdefiguren, Feuerwehrwagen und dem Traktor drehen fröhliche Kinder ihre Runden.
„Es ist schön, wenn man sieht, wie die Kinder Spaß haben. Wenn die eigentlich erst gar nicht drauf wollten und dann gar nicht mehr runter“, sagt Markus Herweg. Er ist Schausteller in der dritten Generation. Mit seinem Kinderkarussell hat der 57-Jährige auf vielen Weihnachtsmärkten und Sommerfesten in der Region gestanden. Doch nach dem Itterfest war Schluss: Markus und Simone Herweg ziehen sich aus privaten Gründen aus dem Schaustellerwesen zurück.
Leicht fällt es dem gelernten Bäcker nicht: „Es geht mir schon nah.“ Die Abschiedspräsente stapeln sich bereits seit Tagen in der kleinen Kabine am Karussell. Zwei Stufen über dem regennassen Boden und abgeschirmt von der lauten Musik des Rummels bedient der gebürtige Hildener das Karussell, gibt Chips aus und hat das Treiben fest im Blick.
Das Kinderkarussell ist ein Familienbetrieb. Angefangen habe alles mit seinem Opa, meint Herweg: „Als Baby war ich schon dabei. Später habe ich im elterlichen Betrieb mitgearbeitet, die Chips eingesammelt.“ Simone Herweg kommt nicht aus einer Schausteller-Familie. Kennengelernt haben sie sich trotzdem auf einem Jahrmarkt. „Ich habe in Wermelskirchen auf der Kirmes gearbeitet. Da ist mir die schönste Frau der Welt über den Weg gelaufen. Sie ist das Beste, was mir je passiert ist“, erzählt er.
Die Herwegs sind sogenannte „Kirchturmreisende“. Anders als viele Schausteller kehren sie jeden Abend nach Hause zurück. „Wir haben immer Wert darauf gelegt, dass unsere Kinder eine feste Schule haben“, erklärt Simone Herweg. Dadurch konnten sie nur in einem eingeschränkten Radius ihr Karussell aufstellen.
Mit ihrer längst verkauften Verlosung „Spiel ohne Grenzen“ ging es früher von Düsseldorf bis ins Sauerland. Für verkaufsoffene Sonntage, das Itterfest, die Autoschau oder das Weihnachtsdorf kamen sie immer nach Hilden: „Dieses Karussell kennt jeden Pflasterstein vom Alten Markt“, sagt der Schausteller. Während der Corona-Pandemie blieb das Karussell in der Lagerhalle. Für die Herwegs war es eine schwierige Zeit: „Wir haben keine Corona-Hilfen bekommen.“ Das sei nicht möglich gewesen, denn Simone Herweg arbeitet hauptberuflich als Beamtin.
Seit einiger Zeit ist auch ihr Mann nur noch Schausteller im Nebenjob. Vieles sei über die Jahre komplizierter geworden, erzählen beide. „Wir hätten es wohl noch länger gemacht, wenn wir nicht das Personalproblem hätten.“ Auch die Preise mussten sie erhöhen, weil die Betriebskosten gestiegen sind. „Früher kostete eine Fahrt 60 Pfennig, als ich das erste Mal an der Kasse saß“, erinnert sich Markus Herweg.
Einmal im Jahr kam das Karussell zu einer Benefiz-Veranstaltung
Obwohl sie in Solingen leben, schlägt das Herz des ehemaligen Hildener Prinzenpaars für die Itterstadt. Neben dem Kirmesbetrieb haben sie sich jahrelang für den Weihnachtsmarkt und das Itterfest engagiert. Einmal im Jahr stellte das Ehepaar zudem einen Tag lang das Karussell für eine Benefiz-Veranstaltung zur Verfügung.
Nun geht für die Herwegs ein Lebensabschnitt zu Ende. „Es schwingt Wehmut mit. Wir haben ganze Generationen hier gehabt. Omas, die hier gefahren sind, kommen jetzt mit ihren Enkelkindern.“ Ein letztes Mal das Karussell abbauen, das sei schon ein komisches Gefühl. Zwei Stunden dauert es normalerweise, bis die Teile im LKW liegen.
Das 28 Jahre alte Karussell ist bereits verkauft. „Es geht nach Koblenz. Es war mir wichtig, dass ich es nicht ständig hier im Kreis sehen muss“, erzählt er. Vielleicht wird irgendwann eine vierte Generation der Familie die Tradition weiterführen. „Wenn unsere Tochter sagt, sie möchte einen Mandelwagen haben, dann wird ihr Papa sie bestimmt unterstützen“, meint Simone Herweg. Denn eines steht für die Familie fest: „Das Leben als Schausteller, das kann man mit nichts vergleichen.“