Bundesweit einmalig Herkunftssprachlicher Unterricht auf Französisch in Haan

Haan · Nach langem Kampf von Lucie Freyburger und ihren Mitstreiterinnen bietet der Kreis Mettmann seit einem Jahr französischen, herkunftssprachlichen Unterricht an. Dieser richtet sich ausschließlich an Kinder, in deren Familien Französisch als Muttersprache gesprochen wird.

Lucie Freyburger (l.) hat den Herkunftsprachlichen Französischunterricht in Haan initiiert, Charlotte Javanaud unterrichtet die Kinder.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Während in ganz Deutschland Kinder von Familien mit Migrationshintergrund im Rahmen des Herkunftssprachlichen Unterrichts die Sprache ihrer Eltern lernen können, fehlte das Angebot für Französisch lange bundesweit. Dies änderte sich im vergangenen Jahr, als auf Initiative von Céline Schindler, Bénédicte Defever und Lucie Freyenburg diese Art des Lernens erstmals in Düsseldorf und Haan angeboten wurde. Am Unterricht können Kinder bis zur Sekundarstufe 1 teilnehmen, die mindestens mit einem muttersprachlichen Familienmitglied ab und an französisch sprechen.

Die Geschichte des Herkunftssprachlichen Unterrichts geht bis in die 1960er Jahre zurück, als die ersten Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Ziel war es damals, die Schüler auf die Wiedereingliederung in das Schulsystem des Herkunftslandes vorzubereiten. Dies änderte sich 1970, als auf Grundlage eines Beschlusses des Europarates der Muttersprachliche Ergänzungsunterricht eingeführt wurde. Seitdem nehmen die Kinder am regulären Unterricht in der Schule teil. Der Herkunftssprachliche Unterricht diente nun als Ergänzung dazu. In den vergangenen 50 Jahren entwickelte sich das Konzept immer ein bisschen weiter, die Ziele bleiben jedoch bis heute dieselben: sich die sprachliche und kulturelle Verbindung mit dem Herkunftsland zu bewahren. „Die Kinder lernen nicht nur die Muttersprache, sondern auch die Kultur und die Sitten des Landes“, beschreibt die Initiatorin des französischen Unterrichts Lucie Freyenburg die Besonderheit.

Drei Frauen haben sich für
den Unterricht stark gemacht

Das Angebot des Herkunftssprachlichen Unterrichts im Kreis ist heute vielfältig. Insgesamt 16 Sprachen werden angeboten. Seit dem letzten Jahr ist nun auch Französisch dabei. Bis der Herkunftssprachliche Unterricht in dieser Sprache jedoch in den Katalog des Kreises mit aufgenommen wurde, dauerte es eine lange Zeit. „Die Antwort des Schulamtes war, es gibt Französischunterricht in der Schule“, erzählt Lucie Freyenburg. Außerdem wurde sie auf das französische Gymnasium Lycée français und das Institut français, das französische Pendant zum Goethe Institut, verwiesen. Beides sei jedoch in Düsseldorf und sehr teuer. Aus diesem Grund nahm Freyenburg das Projekt selber in die Hand. Mit Céline Schindler und Bénédicte Defever fand die Mutter von drei Kindern zwei Mitstreiterinnen, die sich ebenfalls für die Einführung des Unterrichts in Düsseldorf und im Kreis Mettmann einsetzten. Zusammen suchten sie nach weiteren Familien, die Interesse hatten.

„Wir mussten Familien aquirieren. Wir wussten aber nicht, wann und wo der Kurs stattfindet. Aber wir brauchten die Unterschriften, dass sie dabei sind“ erinnert sich Freyenburg an die problematische Anfangszeit. Dies machten sie unter anderem über die Sozialen Netzwerke, aber auch durch einen Zeitungsartikel erreichten sie Französisch sprechende Eltern. Auch wenn einige Familien ihre Unterschriften wieder zurückgezogen haben, am Ende erreichten die drei Frauen ihr Ziel: der Kurs wurde angeboten. Im ersten Jahr wurde der Unterricht an vier Tagen der Woche in Düsseldorf und an einem Tag in Haan angeboten. Für beide Städte wurde eine gemeinsame Vollzeitstelle geschaffen. Dies ändert sich jedoch bald. Nach den Sommerferien wird eine neue Lehrerin alleine für Düsseldorf zuständig sein. In Haan soll der Unterricht in Zukunft an zwei Tagen pro Woche angeboten werden. „Düsseldorf hat es gezeigt. In vier bis fünf Jahren wird es hier in Haan bestimmt auch eine Vollzeitstelle geben“, ist sich Freyenburg sicher.

Mit viel Arbeit und Herzblut haben die drei Frauen für ihr Vorhaben gekämpft und damit auch in anderen Teilen von NRW auf sich aufmerksam gemacht. Ausgehend von der Initiative in Düsseldorf und Haan wird schon bald auch in Neuss, Köln und Essen französischer Herkunftssprachlicher Unterricht angeboten.