Lokales Arbeitsprojekt mit Flüchtlingen kommt in Fahrt
Industrieverein und Rotary-Stiftung sind auf der Suche nach Betrieben, die einen vorgebildeten Asylbewerber in die Firma aufnehmen würden.
Hilden. Knapp 1500 Asylsuchende leben derzeit in Hilden, Haan und Erkrath, Kinder inklusive. Die Erwachsenen wurden von einem lokalen Zusammenschluss aus Arbeitsagentur, Rotary Club, Hildener Industrie-Verein und dem Unternehmen Qiagen getestet — und zwar darauf, ob sie in einem hiesigen Betrieb arbeiten könnten.
16 Männer haben dieser Prüfung letztlich standgehalten und bereits einen Crashkursus Deutsch absolviert. Nun sollen sich Qualifikationsmaßnahmen in lokalen Betrieben anschließen, „und diese Betriebe suchen wir in der Region“, sagt Michael Kleinbongartz, Vorsitzender des Industrie-Vereins. Seine Firma Kukko beteiligt sich und hat einem Flüchtling bereits zugesagt. Die Stadt Hilden hilft, indem sie den Betrieben ausgebildete Mentoren zuweist, die Ansprechpartner für beide Seiten sein sollen.
Entstanden sind sehr detaillierte Steckbriefe der Männer samt Schulabschluss, Berufserfahrung und sozialen Kompetenzen. Noten gibt es für A wie „Ausdauer“ über H wie „Höflichkeit“ bis hin zu Z wie „Zuverlässigkeit“.
„Wir können sagen, dass die Teilnehmer hoch motiviert sind und größtenteils Vorkenntnisse haben“, sagt Kleinbongartz und spricht ein wichtiges Thema offen an: „Zudem ist sicher, dass sie unsere Gepflogenheiten kennen oder kennen lernen wollen und zum Beispiel kein Problem mit Frauen haben.“ Michaela Neisser, Flüchtlingsbeauftragte der Stadt, ergänzt: „Die geben Vollgas.“ Sie warteten nur auf ihre Chance. Dass es letztlich so wenige sind, die das Auswahlverfahren geschafft haben, hat mehrere Gründe. Erstens sprechen sehr viele Geflüchtete nur ihre Heimatsprache, etwa Arabisch. Englisch ist ihnen fremd und damit auch die Schrift. Für den 40-Jährigen, der bisher in Syrien auf dem Land gearbeitet hat, stehen die Aussichten ungünstig.
Zweitens kommen die meisten Asylbewerber aus Ländern, „in denen eine andere Arbeitsauffassung und Lebenseinstellung herrscht“, wie es Ulrich Peters vom Vorstand des Industrie-Vereins nennt. Schon klimatisch sei es dort gar nicht möglich, den ganzen Tag zu arbeiten, „das habe ich selbst erlebt“. Doch während es ihm leicht gefallen sei, sich an „langsamer und weniger“ zu gewöhnen, sei es anders herum „sicher schwieriger“.
Drittens muss eine Bleibeperspektive vorhanden sein, das ist längst nicht bei allen der Fall. Gerade bei denjenigen, die in der Schweitzer-Schule untergebracht waren, war sie fraglich: Die Schule diente als Erstaufnahme, die Asylsuchenden waren noch nicht registriert.
Das wird bei den neuen Flüchtlingen, die ab nächster Woche Hilden zugewiesen werden, anders sein. Sie sind registriert, warten auf ihre Anerkennung und haben Hoffnung auf Bewilligung ihres Antrags. Neisser: „Jede Woche kommen 30 neue Personen, fünf Wochen lang.“ Sie werden in den zwölf dezentralen Häusern unterkommen, die die Stadt dafür vorhält. Familien ziehen bevorzugt in die Unterkunft am Schalbruch.
Drittens hat der Lenkungskreis, der den Test und den Turbo-Deutschkursus auf den Weg gebracht hat, festgestellt, dass keine Frau den gestellten Anforderungen entspricht. Sie haben keine Frendsprachenkenntnisse und entweder keine geeignete berufliche Qualifikation oder familiäre Pflichten: Jede Familie hat im Durchschnitt vier Kinder, in Hilden ist eine Familie mit zehn Kindern angekommen.