Baumberg: Hoffnung für Mandeville
Die 57-jährige Karla Lingenberg engagiert sich für ein Kinderheim in Jamaika.
Baumberg. "Gewisse Ängste hatte ich beim ersten Flug nach Jamaika natürlich schon", gibt Karla Lingenberg zu. Die 57-Jährige engagiert sich seit 2003 ehrenamtlich für das Kinderheim "Our Lady of Hope Children’s Home" in Mandeville, das 35 Kinder beherbergen kann. "Hauptsächlich wohnen dort Waisen, aber auch Alleinerziehende geben ihre Kinder in unsere Obhut, weil sie nicht genug Geld aufbringen können, um ihre Sprösslinge zu ernähren", beschreibt Lingenberg das Heim.
Mit einem Schaudern denkt sie an einige harte Schicksale: "Manche Kinder haben schon so drastische Erlebnisse hinter sich, dass sie wirklich besser in einem Heim aufgehoben sind." Bei diesen Gedanken wird Karla Lingenberg ernst. Doch sofort strahlen ihre Augen wieder, wenn sie von dem Heim und ihren Erfahrungen erzählt: "Meine Schwiegermutter hat die ersten Kontakte aufgenommen", erläutert sie.
Als sie starb, übernahmen Karla Lingenberg und ihr Schwager die Aufgabe mit viel Enthusiasmus. "Ich bin dann sofort hingeflogen, fragte mich, was mich wohl erwarten würde", erinnert sie sich. "Aber alles war sauber und ordentlich und ich habe mich sehr wohl gefühlt - auch wenn ich nicht alles gegessen habe", grinst die engagierte Frau.
Wenn sie nach Jamaika fliegt, nimmt Karla Lingenberg Dinge mit, die auf den ersten Blick banal erscheinen. "Bei meinem zweiten Besuch habe ich Schlafanzüge mitgebracht, die Kinder haben sich total gefreut und mir ständig beteuert, wie bequem die doch sind", lacht sie. Einmal hat sie sogar Zahnbürsten eingepackt.
Wichtig ist den Heimbetreuern nicht nur Sauberkeit, sondern auch die Gesundheit der Kinder. "Jeden Morgen gibt es beispielsweise ein Stück Obst. Einmal in der Woche wird eine Lastwagen-Ladung Obst eingekauft", erzählt sie.
Das Kinderheim besteht aus einem Haupthaus, in dem die Kinder essen und lernen. In einem weiteren Gebäude sind die Schlafräume untergebracht. Bei ihrem ersten Besuch blieb die sympathische Frau direkt für ein halbes Jahr, half bei der Kinderbetreuung und in der Küche.
Auch ihre Kinder Swantje (30) und Patrick (28) besuchten sie damals. "Patrick ist gelernter Schreiner und vor seinem Studienbeginn gekommen. Er hat viele Ausbesserungsarbeiten erledigt und ein großes Holzhaus gebaut", erzählt die 57-Jährige stolz.
Bis zu ihrem 18. Lebensjahr können die Kinder im "Our Lady of Hope Children’s Home" bleiben. "Möglichst alle sollen zur Schule gehen", wünscht sich Lingenberg. Sie möchte, dass die Heimkinder eine Chance für ihr späteres Leben bekommen. "Bisher haben wir immer alle untergebracht", freut sie sich über den Erfolg des Projektes.
Auf Jamaika ist es sehr schwer, einen Job zu finden. Drogen und Arbeitslosigkeit stellen ein großes Problem dar. Die Betreuer wollen dafür sorgen, dass ihre Schützlinge eine andere Perspektive erhalten.
Dazu wohnen stets drei Ordensschwestern und Father Roland bei den Kindern im Heim. Auch zwei Freiwillige helfen bei den täglichen Aufgaben mit. "Eigentlich sind in unserem Haus alle Nationalitäten vertreten", sagt Karla Lingenberg.
Die Kinder werden katholisch erzogen und sprechen Englisch. Im Februar will die 57-Jährige für einige Wochen nach Jamaika fahren. "Natürlich ist das eine teure Sache, denn den Flug muss ich selbst zahlen." Dennoch ist sie nicht bereit, ihre Hilfe zu versagen.
Weil die Fluglinien Hilfsgüter nicht als Freigepäck deklarieren, ist sie aus finanziellen Gründen gezwungen, nur Kleinigkeiten mitzunehmen. Vor Ort kauft sie dann die benötigten Dinge. Ihr ist es wichtig, dass die Hilfe auch wirklich ankommt, sie den Kindern direkt zeigen kann, dass jemand an sie denkt.
Wenn man sie bei ihren Erzählungen beobachtet, merkt man, wie viel ihr an dem Projekt liegt. Die Erfolge des Engagements können sich sehen lassen. So hat die Lingenberg-Stiftung vor etwa 25 Jahren mit deutschen Spenden eine Schule gründen können. "Unsere Hilfe ist zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein - aber das ist wenigstens etwas."