Der Fernwärme droht das Aus
Der Wärmebedarf wird in dem sanierten LEG-Bestand sinken. Dadurch ist das Fernwärmenetz nicht mehr wirtschaftlich.
Monheim. Die Wohn-, Bau- und Sozialstruktur im Berliner Viertel soll verbessert werden. Das ist eines der strategischen Ziele der Stadt Monheim. Im September 2015 stellte die von der Stadt beauftragte steg Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft ihre Analyseergebnisse für ein energetisches Sanierungskonzept vor. Als Schwachpunkte wurden die fehlende Dämmung der Gebäude, die mangelnde Barrierefreiheit und die tristen Häuserfassaden ermittelt. An diesen Grundproblemen hat sich seitdem nicht viel geändert.
Zwar kündigte die LEG im Dezember 2015 an, dass sie von 2016 an über fünf Jahre mehr als ein Drittel ihres Wohnungsbestandes im Berliner Viertel umfassend sanieren wolle. Aber nach Auskunft von LEG-Pressesprecher Mischa Lenz kamen zu den 200 von 2013 bis 2015 sanierten Wohnungen in 2016 lediglich 50 hinzu. Erst im Herbst werde man zudem das Gestaltungskonzept präsentieren können, mit welchem das Viertel auch optisch besser strukturiert werden soll.
„Die LEG ist lange das Hartz-IV-Modell gefahren. Das hat nicht funktioniert. Die beschlossene Gebäudesanierung wird zwangsläufig zu einer Verteuerung der Wohnungen führen“, sagt Stadtplaner Thomas Waters. Mittelfristig sei daher mit einer Gentrifizierung, der Verdrängung einkommensschwacher Bewohner durch zahlungskräftige Mieter, zu rechnen. „Die sanierten Wohnungen sind sehr attraktiv: hell und freundlich, die Zuschnitte sind top, die Bodenbeläge neu. Man hat einen Blick ins Grüne und das Viertel ist autofrei“, erklärt er. Als Makel bleibe allerdings die mangelnde Barrierefreiheit. Denn außer barrierefrei gestalteten Zugängen zu den Gebäuden ist nicht daran gedacht, nachträglich Aufzüge einzubauen. In diese Angebotslücke springe aber die städtische Wohnungsbaugesellschaft mit ihrem Neubau von 150 bis 200 Wohnungen auf dem Gelände der Hauptschule ein, so Waters.
Noch keine Lösung ist für die hohen Kosten der Wärmeversorgung in Sicht. Die Gutachter von steg hatten empfohlen, die Gebäude im Mittel als Effizienzhaus KFW-70 zu sanieren. Die Gebäudesanierung werde eine Reduzierung der Heizkosten um 50 Prozent bewirken.
„Die Wärmeverluste durch das marode Leitungsnetz des Fernwärmewerkes betragen einem Gutachten zufolge mindestes 20 Prozent“, sagt Waters. RWE habe behauptet, man deckele die Kosten für den Endabnehmer auf 12,5 Prozent. „Unser Gutachter hat aber darauf verwiesen, dass die Einschätzung der Wärmeverluste auf sehr milden Wintern beruht. Wenn es richtig kalt wird, sind sie viel höher“, erklärt der Stadtplaner. Tatsache sei, dass durch die energetische Sanierung der Wohnungen der Wärmebedarf der Mieter sinke. Dadurch sei das Netz gar nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. „Das ist erst recht der Fall, wenn sich Großverbraucher, wie das städtische Kulturzentrum und das Schulzentrum, da rausziehen würden.“ Die Monheimer Wohnen wird bei ihren Neubauten auf eine Gasversorgung setzen. Auch das Wohnumfeld weist noch Defizite auf. Ein neues Gestaltungskonzept etwa für den Ernst-Reuter-Platz gibt es noch nicht.
Die von der Stadt erworbenen Ladenlokale würden in Wohnungen umgewandelt, sagt Bürgermeister Daniel Zimmermann. „Wir kaufen alles, was zum Verkauf steht. Und wenn wir genug zusammenhaben, können wir etwas Neues entwickeln. Das schließt auch den Abriss ein.“ Aber in dem Kiosk in der Unterführung könnte sich demnächst neues Leben entwickeln. Der Inhaber von „Sweet Waffels“ würde dort gerne ein Eiscafé einrichten — mit kleiner Terrasse auf der Heinestraße. „Ich habe aber noch keinen Vertrag mit der Stadt unterschrieben“, sagt Feryat Serbetci. Der Verein Wir in Monheim (WIM) ist bereits ausgezogen und hat im Stadtteilcafé Unterschlupf gefunden, berichtet Volkan Cakal, der zweite Vorsitzende.