Gesetzliche Neuregelung zu Kinderlärm: Jubel bei Kita St. Johannes bleibt gedämpft

Die Kindertagesstätte St. Johannes in Monheim hat leidvolle Erfahrung mit Beschwerden über Lärm. Ob das neue Gesetz hilft? Die Verantwortlichen sind skeptisch.

Monheim. Jerome presst die Lippen aufeinander, holt Anlauf und schießt den Ball quer über den Hof. Ein super Schuss, den er auch gleich mit einem kurzen Jubelschrei kommentiert. Währenddessen wuseln zehn Kinder um Kita-Hausmeister Jan Dudek herum, der das Rasenstück mit einem Rechen vom Laub befreit. Immer wieder steht ihm ein Gummistiefel im Weg. „Für mich ist das hier noch immer viel zu ruhig“, sagt der 56-Jährige und lächelt in die Runde. „Kinderstimmen sind etwas Schönes. Sie mit Baustellenlärm gleichzusetzen, ist einfach unmöglich“, sagt Dudek.

Nach einer Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sollen „Geräuscheinwirkungen“ von Spielplätzen oder Kindertageseinrichtungen „im Regelfall“ nicht mehr als „schädliche Umwelteinwirkung“ klassifiziert werden — und entsprechende Einrichtungen nicht mehr beklagt werden können. Mit Problemen hatte auch die die SKFM-Kindertagesstätte St. Johannes in Monheim in der Vergangenheit zu kämpfen. Seit 2004 zählt sie zum Mo.Ki-Familienzentrum, fünf Einrichtungen aus dem Berliner Viertel haben sich inzwischen dem Verbund angeschlossen, sie alle stehen inmitten eines Wohngebiets. Ein weiterer Kindergarten wird im Sommer eröffnet.

„Im Oktober beschwerte sich ein Anwohner, dass es zu laut sei“, sagt Susanne Skoruppa, die Leiterin der Kindertagesstätte St. Johannes. An einem Sonntag feierte die Kita ihr traditionelles Erntedankfest. Etwa 20 Minuten, so schätzt Skoruppa, hielten sich die Kinder auf dem Außengelände auf. „Zwei Lieder wurden von meiner Kollegin mit der Gitarre begleitet, bei zwei Tanzvorführungen ließen wir eine CD laufen.“ Der Anwohner kam herüber und wollte eine Genehmigung für das Fest sehen. „Wir haben sofort reagiert und alles ausgemacht“, sagt Skoruppa.

Doch damit war die Sache für den Anwohner noch nicht vom Tisch. Am nächsten Tag zählte er auf, was in der Kita alles schief laufe. Angeblich würden die Kinder dort zu häufig übernachten, auch die Feste auf dem Außengelände hätten zugenommen. „Das ist nicht richtig“, hält Skoruppa dagegen. Einmal im Jahr übernachten die Kinder in der Kita, einmal im Jahr wird das Erntedankfest veranstaltet. Der Anwohner, der selbst erwachsene Kinder habe, legte nach. „Generell sei es einfach zu laut“, fasst Skoruppa die Klagen zusammen. Die 42-Jährige setzte sich mit dem Ordnungsamt in Verbindung. „Die waren über die Beschwerde genauso schockiert“, sagt Skoruppa.

Einen Monat später dann der nächste Schock für die Kita-Leiterin. Die Gema, „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“, schaltet sich ein und fragte, ob Liedtexte oder Notenzettel unter den Eltern verteilt wurden. Dann nämlich würden Gebühren fällig. „Wir haben das Gefühl, dass wir auch da angeschwärzt wurden“, vermutet Skoruppa. Die Konsequenzen müssen nun die Kinder ausbaden. „Bei Festen auf dem Außengelände werden wir keine Musik mehr von der CD laufenlassen“, sagt Skoruppa. Ob es mit dem neuen Gesetz künftig besser wird? „Zurzeit ist es ruhig. Aber der Sommer kommt ja erst“, sagt Skoruppa.

Einen Steinwurf von der Kita entfernt wohnt Gilda Breddin. „Leute, die sich über Kinderlärm ärgern, die sollen doch einfach an den Stadtrand ziehen. Aber da regen sie sich sicherlich auch über Vogelgesang auf“, sagt die 57-Jährige. „Wir leben schließlich nicht in einer Plastikwelt.“

Auch die 74-jährige Helga Pietsch kann die Aufregung nicht verstehen. „Wenn ich mal Ruhe haben will und die Kinder aus den vielen Kitas hier draußen spielen, dann mache ich halt mal für zwei Stunden das Fenster zu.“