Hilden: Bildung - Vorlese-Paten suchen Zuhörer
Keine Zeit für zusätzliche Angebote: Kindergärten und Schulen sind mit Projekten ausgelastet.
<strong>Hilden. Sie sind Vorlese-Profis: Lieselotte Natusch, Karin Klimczak und Sigrid Ubber sind im "Café Leseratte" der Arbeiterwohlfahrt aktiv, gehen zum Vorlesen in Schulen und Kindergärten - und wundern sich, dass ihr Terminkalender nicht überfüllt ist. "Wir haben alle Schulen und Kindergärten angeschrieben und uns als Vorleserinnen angeboten", so Klimczak. Die Resonanz war geringer als erwartet. "Kindergärten und Schulen sind ausgelastet. Die haben ein Projekt nach dem anderen", versucht Nadine Reinhold das geringe Interesse zu erklären. Die Mitarbeiterin der Stadtbücherei kennt das Problem auch bei der Organisation der Vorlesetage in Schulen und Kindergärten, bei denen es zuletzt mehr interessierte Vorleser als Vorleseorte gab. "Wir haben Sprachförderprogramme, die Musikschule im Haus und einen Bewegungsvormittag", bestätigt Birgit Klinge, Leiterin des Familienzentrums Kunterbunt, die Terminfülle: "Die Kinder sind sehr in Projektarbeiten eingebunden." Gleichwohl komme das Vorlesen nicht zu kurz. In den täglichen "Kuschelstunden" würden Mitarbeiterinnen oder Mütter dies übernehmen. Grundsätzlich sei sie auch am Einsatz der Vorleserinnen interessiert, es sei aber nicht einfach, ein weiteres Angebot in den Tagesablauf einzubauen.
Ähnlich sieht dies der Rektor der Walter-Wiederhold-Schule, Dirk Boß. "Vorlesen und Lesen gehören zum Unterricht. Das decken wir mit eigenen Kräften ab." Für ihn stellt sich ein anderes Problem: "Wegen der vielen anderen Medien gerät das Buch immer mehr ins Hintertreffen." Da seien die Eltern gefragt, bei ihren Kindern die Leselust zu wecken.
Nutzen: Beim Vorlesen lernen die Kinder zuzuhören, sie trainieren das Verständnis von Zusammenhängen und entwickeln ihre Fantasie, indem sie sich Bilder zu dem Gehörten vorstellen. Sie finden eigene Erlebnisse und Erfahrungen in den Geschichten wieder, lernen Neues kennen und erweitern damit ihren Horizont. Sie werden mit der grammatisch korrekten Schriftsprache vertraut und lernen eine Vielzahl von Wörtern kennen, die im täglichen Sprachgebrauch nicht vorkommen.
Leseratten: Lange bevor die Kinder selbst lesen können, wird durch Vorlesen und Erzählen der Grundstein dafür gelegt, dass sie zu Leseratten werden. Denn Kinder lernen von ihren lesenden Eltern, dass es Spaß macht, Bücher zu lesen und über Bücher zu sprechen, dass man aus Büchern lernen kann und dass Bücher zum Alltag gehören.
Geborgenheit: Beim Vorlesen sind Kinder und Eltern einander ganz nah. Gemeinsam konzentrieren sie sich auf die Geschichte, die täglichen Arbeiten im Haushalt oder im Büro sind weit weg. Die Kinder ruhen sich vom Spielen und Toben aus und entspannen beim Zuhören.