Hilden: Letzte Briefe von der Front

Der jetzt erschienene Band 71 der „Niederbergischen Beiträge“ zeichnet das Schicksal von Hildener Gefallenen auf.

Hilden. "Macht Euch keine Sorgen" - der Buchtitel klingt optimistischer als der Inhalt tatsächlich ist. Was auf den 458 Seiten wiedergegeben wird, ist "erschütternd und außerordentlich ergreifend", sagt der Hildener Historiker Ernst Huckenbeck. Er meint den jetzt erschienenen Band 71 der "Niederbergischen Beiträge", deren Herausgeber er ist. Es ist ein Gedenkbuch der Hildener Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges, akribisch zusammengetragen von Petra Burgsmüller.

"Gerade junge Leute sollten es lesen", findet der Herausgeber. Nicht nur weil es Zeitkolorit vermittelt und ein sehr genaues Bild vergangener Zeiten zeichnet. "Es ist ein richtiges Antikriegsbuch", sagt Huckenbeck. Es enthält die teilweise sehr detailliert nachgezeichneten Lebensgeschichten von Hildener Männern wie Heinrich Pinther. Am 25. Mai 1940 schreibt er seiner Edith vom schönen Wetter und der Hoffnung, es möge bald Kriegsende sein. "Du, meine liebe Edith! Ich denke an Dich, Edith!" Am gleichen Tag stirbt er im Gefecht - ein Herzschuss tötet ihn.

Auch Hans Jauering wird in Russland tödlich verletzt. Vier Tage zuvor schreibt er seinen Eltern: "Kommen aus dem Pulverdampf nicht mehr heraus. Ein Krachen und Donnern um einen, dass man sich manchmal wundert, überhaupt noch unter den Lebenden sein zu dürfen."

Das Buch lässt sich "schlecht in einem Zuge durchlesen. Dazu sind die persönlichen Schicksale zu schlimm", sagt Huckenbeck. Trotzdem sei es eine "wichtige Lektüre", für die die Leidenswege von etwa 110 Hildenern akribisch recherchiert wurden. Jenseits der Arbeitszeit, bevorzugt am Wochenende und in ihren Ferien, hat Burgsmüller das Material zusammengetragen. Nicht selten mussten dazu in altdeutscher Schreibschrift, gerne mit Bleistift oder zerlaufener Tinte, verfasste Dokumente entziffert, Fotos und weitere Hinweise auf die jeweilige Person gesucht werden. "Dass die Arbeit Spaß gemacht hat, kann ich bei einer so zu Herzen gehenden Aufgabe nicht sagen. Aber ich habe die Arbeit sehr gern gemacht", sagt sie sichtlich bewegt.

Den Grundstein für ihre Arbeit legte bereits in den 1940er-Jahren der 1986 verstorbene Heinrich Strangmeier. In Personalunion als Leiter der Hildener Stadtbücherei und des Amtes für Familienunterhalt beauftragt, begann er zur Ehrung der Gefallenen ein Gedenkbuch zu erstellen.

Mit zehn Mitarbeitern trug er zusammen, was in den Kriegswirren zu sichten war. Für eine Veröffentlichung ergaben sich aber lange keine Möglichkeiten. So kamen sie ins Stadtarchiv, wo Burgsmüller vor drei Jahren auf sie stieß. Ergänzt durch weitere Unterlagen, die unter anderem durch einen Aufruf in der WZ von Angehörigen zur Verfügung gestellt wurden, kam so viel Material zusammen, dass die Nummer 71 der "Niederbergischen Beiträge" auf zwei Bände angelegt ist. Der jetzt vorliegende Band umfasst die Jahre 1939 bis 1941, Band zwei widmet sich den Kriegsjahren 1942 bis 1945, "also hauptsächlich dem Russlandfeldzug", sagt Huckenbeck.

Um den zweiten Teil, der ebenso genau zusammengetragen wurde, publizieren zu können, fehlt Geld. "Das vorliegende Buch hätten wir ohne die Unterstützung eines anonymen Spenders nicht drucken können", sagt Stadtarchiv-Leiter Wolfgang Antweiler.