Mit viel Biss auf den Gipfel

Der Hildener Zahnarzt Gerd Hülshorst hat den Kilimandscharo bestiegen. Dabei musste er in 5.000 Metern Höhe so manches Tief überwinden.

Hilden. Es gibt Momente, in denen er seine Idee verflucht. Dann, wenn die Erschöpfung am größten ist und die bittere Kälte von fast minus 20 Grad am härtesten zuschlägt, zweifelt Gerd Hülshorst an seinem Projekt. "Was habe ich mir dabei nur gedacht", fragt er sich.

Und während er ein paar Minuten über den Sinn seiner Reise nachdenkt, sammelt er neue Kräfte. Er geht weiter. Denn vor ihm liegt nicht nur der Gipfel des Kilimandscharo in greifbarer Nähe, sondern auch das Ziel eines Traumes, den er seit Jahrzehnten verfolgt.

Gerd Hülshorst ist noch ein Jugendlicher, als er im Fernsehen eine Reportage über den höchsten Berg Afrikas sieht. Sofort packt ihn die Abenteuerlust: Da will ich hin. Doch die ersehnte Reise wird noch viele Jahre warten müssen. Es folgen Schulabschluss, Studium und die Zahnarztpraxis. Aber im Hinterkopf hat er immer die Idee vom Kilimandscharo. 2006 ist es dann endlich soweit.

Wochenlang trainiert der heute 51-jährige zu Hause. Er geht Joggen, verzichtet auf den Aufzug und stärkt seine Muskeln mit einem Stepper. Seine rund 5.000 Euro teure Reise kann beginnen. Er steigt in den Flieger nach Tansania und wird zum Ausgangspunkt auf 1.800 Meter gefahren. Ab jetzt geht es nur noch zu Fuß weiter.

"Es war wirklich hart. Mit jedem Meter weiter nach oben wird die Luft dünner und jeder Schritt anstrengender", sagt der Zahnarzt. Jeden Tag geht er mit seinem Team - ein Führer, ein Träger, ein Helfer und ein Koch - von Station zu Station, kleine Hütten, in denen gegessen und geschlafen wird.

"Da habe ich auch andere Bergsteiger getroffen und gesehen, wieviel Glück ich habe." Denn immer wieder trifft er auf Kollegen, die an der Höhenkrankheit leiden. Schmerzen, Erbrechen und Schwindel - da ist der Traum vom Gipfel schnell zu Ende. "Darauf kann man sich als normaler Mensch nicht vorbereiten."

Ausdauer und Muskelaufbau, das sei machbar. "Aber wenn man arbeitet, kann man ja vorher nicht wochenlang ins Höhentraining gehen." Und so sieht Gerd Hülshorst immer wieder Bergsteiger, die sich übernommen haben und von ihren Führern mühevoll bergab getragen werden.

Für ihn kommt Aufgeben aber nicht in Frage. Vorbei an steilen Hängen und gefährlichen Gletscherspalten müht er sich sieben Tage lang Schritt für Schritt über die so genannte Marangu-Route bis zur letzten Station auf 4.700 Metern. Dort wird am Abend gekocht - Tee, Nudeln, Fleisch und Gemüse.

Alles muss den gesamten Weg mitgetragen werden. Das Wasser wird aus Bächen gewonnen und dann abgekocht. "In solchen Höhen kocht Wasser aber schon bei rund 60 Grad. Da sterben Bakterien nicht ab, also mussten wir noch Desinfektionstabletten reintun", erinnert er sich.

Ein paar Stunden Schlaf gönnt er sich noch, und dann geht es um Mitternacht auf zur letzten Etappe. Rund sechs Stunden braucht die Gruppe im Dunkeln, um auf den Gipfel in 5.895 Metern Höhe zu klettern. "Das war so heftig. Ich war völlig erledigt."

Aber dann wird Gerd Hülshorst belohnt - "mit der tollsten Aussicht der Welt". Die Sonne geht auf, und um ihn herum glänzt der Kilimandscharo in Gold, Gelb und Orange. "Das ist einfach fantastisch", schwärmt er, "dafür gibt es keine Worte. In diesem Moment habe ich verstanden, dass man jedes Ziel im Leben erreichen kann, wenn man nur konsequent daran arbeitet."