Monheim Gutachter entscheiden über Weltkulturerbe
Monheim. · Im September untersucht eine Expertenkommission der Unesco die Reste des römischen Kastells Haus Bürgel.
Nach der im Januar eingereichten Bewerbung um die Aufnahme des niedergermanischen Limes ins Weltkulturerbe werden jetzt die Experten gefragt. Noch in diesem Jahr werde die Gutachter-Kommission der Unesco vor Ort erwartet, kündigt Steve Bödecker vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege in Bonn an. Auf Haus Bürgel als Teil des niedergermanischen Limes werden die Gutachter im September erwartet, sagt Saskia Braun, Geschäftsführerin (kommissarisch) der gemeinnützigen Betriebs-GmbH Haus Bürgel. Voraussichtlich im Februar 2021 soll die Prüfung laut LVR abgeschlossen sein. Mit dem Eintrag ins Weltkulturerbe rechnet die Haus-Bürgel-Gesellschaft im Juni 2021.
Zeigen wollen die Monheimer die Umrisse der Maternuskapelle sowie die 2000 Jahre alten römischen Mauern in den verschiedenen Bereichen der Anlage, zu der die Kaltblutzucht der Familie Reuter, das römische Museum und die Biologische Station Haus Bürgel gehören. „Unsere Fundstücke aus dem Museum werden wir natürlich auch zeigen“, sagt Saskia Braun. „Sie alle stammen von hier und haben mit dem Leben auf der Hofanlage zu tun“, hebt sie die Besonderheit des Ensembles hervor.
Darüber hinaus werden die Experten sich für die Lage am Rhein interessieren. Denn der hat im Laufe der Jahrhunderte sein Bett verlagert, so dass Haus Bürgel heute rechts- und nicht linksrheinisch liegt. Großartig aufpolieren werde man die Anlage nicht vor dem Expertenbesuch. Lediglich der Nutzgarten soll vorher noch einmal vom Unkraut befreit werden. „Die Unesco will die Anlage so sehen, wie sie auch von Besuchern wahrgenommen werden kann“, erläutert Braun.
Braun, die beim Tourismusmanagement der Stadt Monheim angesiedelt ist, hofft darauf, dass Haus Bürgel künftig stärker im Zusammenhang mit anderen Orten und Kastellen wahrgenommen wird als bisher. Als Teil des niedergermanischen Limes bekommt das Ensemble, in dem auch heute noch gelebt und gearbeitet wird, mehr Aufmerksamkeit.
Auf das voraussichtlich zunehmende Interesse an Haus Bürgel bereiten sich Mitarbeiter und Ehrenamtliche vor. „In einem Workshop vor zwei Wochen haben wir Ideen gesammelt, wie wir unser Angebot auf die neuen Anforderungen ausrichten können“, so Braun. „Die Ideen aus der Praxis haben uns sehr geholfen“. Mit Beginn der Herbstferien sollen sie bereits Stück um Stück umgesetzt werden – etwa die Ausweitung der Angebote für Kinder. „Bislang haben wir schwerpunktmäßig die Sechs- bis Zehnjährigen im Blick“, so Braun. Das könne sich ändern. Jüngere und älter Kinder sollen angesprochen werden. Auch könne man darüber nachdenken, ob Kochkurse mit den im eigenen Bürgel-Garten gezogenen Kräutern angeboten werden können. Gekocht wird dann im römischen Ofen. Kooperationen seien angedacht.
Die einstige Außengrenze des Römischen Reichs ist in Nordrhein-Westfalen 220 Kilometer lang. Sie verläuft zwischen Bonn und Kleve entlang des Rheines, der damals die Grenze bildete. Deshalb wird auch vom „nassen Limes“ gesprochen. 19 Kommunen können mit archäologischen Zeugnissen aufwarten. NRW bewirbt sich mit Rheinland-Pfalz und den Niederlanden. Das Nachbarland hat die Bewerbung offiziell eingereicht.
46 Welterbe-Stätten gibt es in Deutschland bislang. Eine Ernennung des Limes zum Weltkulturerbe soll auch Rückenwind für den Tourismus bringen. Die Aufnahme ins Weltkulturerbe soll eine Lücke zwischen zwei bereits geschützten Abschnitten schließen – dem Obergermanisch-Raetischen Limes südlich von Bonn sowie dem Hadrianswall und einem weiteren in Großbritannien.
Schon heute hat Haus Bürgel mit im Schnitt 10 000 Besuchern im Jahr eine herausragende touristische Bedeutung. Besucherströme sollen künftig besser gelenkt werden. Geplant sei deshalb ein Wegeleitsystem. Ein Informationszentrum mit Shop und Café soll es geben. Auch die Öffnungszeiten sollen ausgeweitet werden.
Elke Löpke, Geschäftsführerin der Biologischen Station Haus Bürgel, sieht in dem Welterbeeintrag eine Chance. „Allerdings muss man auch bei steigender Bekanntheit und höheren Besucherzahlen die Interessen aller Nutzer im Auge behalten“, mahnt sie mit Blick auf das besondere Ensemble. Herbert Reuter von der Kaltblutzucht schätzt die Lage im Naturschutzgebiet – auch als Schutz für das Ensemble.