Androhung von Rache überschattet Prozess
Aus Eifersucht soll ein Erkrather seinen Nachbarn erstochen haben. Im Gericht gerieten die betroffenen Familien aneinander.
Erkrath/Wuppertal. Vor dem Verhandlungssaal war eine zusätzliche Sicherheitsschleuse eingerichtet worden. Handys und Taschen mussten abgegeben werden, dazu wurden die Personalien erfasst. Jeder Besucher wurde zusätzlich noch mit einer Handsonde abgesucht, die Justizbeamten trugen schusssichere Westen. Zur Verstärkung saßen auch noch Polizeibeamte im Verhandlungssaal, um mögliche Eskalationen zu verhindern.
Offenbar hatte es ernstzunehmende Morddrohungen gegen den Angeklagten gegeben, die der später auch selbst bestätigte. Derzeit in Untersuchungshaft sitzend, hätten ihm Mitgefangene gesagt, dass die Familie des Opfers seine Frau und seine Kinder bedrohe. „Mit mir selbst können die machen, was sie wollen. Aber meine Kinder…“, rief der Angeklagte in den Saal.
Hinzu komme auch, dass seine Brüder angeblich auch noch 400 000 Euro an die Familie des Opfers zahlen sollen. Seine Anwälte bestätigten, dass aus der Familie des Angeklagten aus Angst vor möglicher Rache niemand habe aussagen wollen. Der Angeklagte selbst befindet sich im Rahmen der Untersuchungshaft in psychotherapeutischer Behandlung, seit er seine Kinder der Bedrohung durch die Opferfamilie ausgesetzt sieht.
Der ganze Prozesstag blieb überschattet von den zwischen den beiden libanesischen Großfamilien schwelenden Aggressionen. Als der Prozess kurzfristig unterbrochen wurde, prallten deren Mitglieder auf dem Flur derart aufeinander, dass Justizbeamte vehement einschreiten mussten. Im Gerichtssaal wiederum war es der Richter, der dem Angeklagten den Saalverweis androhte, wenn dieser sich weiterhin lautstark und dann noch in arabischer Sprache äußere.
Der Angeklagte im Gerichtssaal
Zuvor sollte auch noch die Witwe des Opfers im Zeugenstand aussagen. Durch den Nebenklageanwalt hatte sie ein Attest ihres Psychiaters vorlegen lassen, der zuvor eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere Depression diagnostiziert hatte. Im Beisein des Angeklagten sei eine Aussage der Frau nicht möglich, ließ er das Gericht wissen. „Dann machen wir das per Videoschaltung“, entschied kurzerhand der Richter, der die Witwe des Opfers nach dem Verhältnis zur Familie des Täters befragte.
Dass ihr Mann eine Affäre mit der Nachbarin gehabt haben könnte, schloss sie kategorisch aus. Auch sonst sei ihr nichts Ungewöhnliches am Verhalten ihres Mannes gegenüber der Frau des Angeklagten aufgefallen. Dass in der Wohnung untendrunter immer wieder mal gestritten worden sei, habe sie gehört. Genau hingehört habe sie hingegen nicht, so dass sie nicht sagen könne, worum es dabei gegangen sei.
Immer stärker drängt sich mittlerweile der Eindruck auf, dass es für die Eifersucht des Angeklagten überhaupt keinen Grund gegeben haben könnte.
Für den nächsten Verhandlungstag werden die Plädoyers erwartet, danach kommt das Urteil.