Eine Ex-Abhängige hilft aus der Drogenfalle
Susanne Reitmeier leitet ehrenamtlich die Selbsthilfegruppe für Suchtkranke und - gefährdete.
Mettmann. Sie rückt noch schnell die Tische beiseite und die Stühle zu einem Kreis zusammen, und dann kann es losgehen. Freudig erwartet Susanne Reitmeier (52) die Mitglieder ihrer Kreuzbundgruppe in Mettmann für die wöchentliche Sitzung.
Man kennt sich gut, die meisten kommen schon seit 20, 30 oder gar 40 Jahren zu den gemeinsamen Treffen, um sich mit ihrer Suchterkrankung auseinanderzusetzen, um zu lernen, mit ihr zu leben, und um anderen dabei zu helfen. Die Arten der Suchterkrankungen, die die Mitglieder zu einem Teil der Gruppe machten, sind hauptsächlich von einer Substanz wie Cannabis, Alkohol oder Kokain bestimmt. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Erkrankung ist, genau wie die Krankheit selbst, ein lebenslanger Prozess.
Susanne Reitmeier, Leiterin einer Gruppe für Suchtkranke
Hilfe bei diesem Prozess bekommt beim Kreuzbund Mettmann jeder, auch Angehörige können kommen. Während der Treffen wird dann vor allem über Gefühle gesprochen — Gefühle, die niemand sonst jemals verstehen könnte. „Wo soll der Abhängige seine Gedanken lassen? Beim Partner? Der versteht sie nicht, weil er sie nicht kennt. Selbst der Therapeut ist ja nicht abhängig“, erklärt Susanne Reitmeier, „wir sind als Gruppe diejenigen, die das größte Potenzial an Verständnis für irgendwelche Gefühle dieser Art haben können. Und das ist Hilfe zur Selbsthilfe“.
Und die Gruppenleiterin weiß genau, wovon sie spricht. Auch sie arbeitet daran, mit ihrer Erkrankung zu leben. „Natürlich bin ich auch ein Teil der Gruppe. Sie trägt mich mit“, sagt sie. Ihr Weg in den Kreuzbund Mettmann begann mit ihrem Rückfall. Davor konsumierte sie zehn Jahre lang Drogen — erst Alkohol, dann Amphetamine und Kokain. Schnell ging es abwärts. „Als die illegalen Drogen dazukamen, merkte man den Verfall extrem“, erinnert sie sich. Eigentlich war das Thema Alkohol für sie immer tabu gewesen. „Meine Mutter ist Alkoholikerin. Mit 17 habe ich sie in die Entgiftung begleitet“, sagt sie, „deswegen habe ich nicht konsumiert, bis ich 28 war“.
Dann kam der Job, sie hatte eine 60-Stunden-Woche mit Schichtarbeit, unzählige schlaflose Nächte und einen langgehegten Kinderwunsch, der unerfüllt blieb. Die Drogen halfen Susanne Reitmeier, im Job und im Leben weiter zu funktionieren. Sie selbst war es, die sich schließlich bei ihrem Arzt meldete und nach einer Entgiftung fragte.
Heute ist Susanne Reitmeier mit sich im Reinen, ihrer Abstinenz sicher und redet ganz offen über ihre Suchterkrankung. Zudem hat sie sich ihren größten Wunsch erfüllt: die Arbeit mit Kindern. Als Inklusionshelferin begleitet sie eingeschränkte Kinder in Regelschulen. „Jetzt gehe ich sozusagen wieder in die zweite Klasse“, sagt sie und lacht dabei herzlich. Auch ihr ehrenamtliches Engagement beim Kreuzbund gehört jetzt zu ihrem Leben: „Ich kann mir mein Leben nicht mehr ohne Gruppe vorstellen“.
Die Treffen finden jeden Montagabend von 19 bis 22.30 Uhr in der Mühlenstraße 15 statt.
susanne.reitmeier@online.de