Erkrath: Eisenbahnfreunde haben eine Phantasie-Welt erschaffen

Im Keller unter dem Gymnasium am Neandertal gibt es eine Phantasie-Welt im Miniaturformat.

Erkrath. Mühsam schnauft die Dampflok den Anstieg hinauf. Sie ächzt und stampft, was die Kessel hergeben. Noch eine Kurve, und es ist geschafft. Langsam fährt der Personenzug, dessen Reise viele Streckenkilometer zuvor in Erkenrode begonnen hat, im hoch gelegenen Bahnhof Gruiten ein.

"Das Dorf Gruiten ist komplette Handarbeit", sagt Stefan Bückmann (42). "Ganz dem Original nachempfunden: bergisches Fachwerk mit Steinsockel. Von den Türen und Schlagläden bis hin zu den einzelnen Dachschindeln ist alles handgemacht."

Wie viele Stunden der Vorsitzende des Clubs der Modelleisenbahnfreunde Erkrath und die anderen etwa 30 Mitglieder an der riesigen Anlage im Maßstab 1:87 (H0) gebastelt, gebaut und gewerkelt haben, weiß keiner mehr.

Schließlich liegt ihre Grundsteinlegung schon 25 Jahre zurück. "Seitdem ist sie ständig erweitert und ergänzt worden - und ein Ende ist nicht abzusehen. Es gibt immer etwas zu tun."

Jeden Mittwoch von 18 bis 22 Uhr ist Spiel- und Werkabend im Keller unter dem Gymnasium Am Neandertal, wo die Modellbahner seit 1989 ihre Heimat haben. Auf vielen einzelnen Modulen schlängelt sich die Anlage durch die beiden früheren Abstellräume.

"Dank dieser Modulbauweise können wir die Anlage innerhalb weniger Stunden auseinander bauen und später wieder zusammensetzen", erklärt Stefan Bückmann. "Das erleichtert die Arbeit, wenn wir zum Beispiel auf Ausstellungen unterwegs sind."

Schmuckstücke entlang der etwa 180 Meter langen Schienenstrecke ist neben dem Dorf Gruiten der achtgleisige Hauptbahnhof Erkenrode, dessen Original in Bonn steht.

"Wir haben ihn als Bausatz gekauft, ein wenig verfeinert und kurzerhand umgetauft", erklärt Bernd Lotz. "Und der Abstellbahnhof mit seinen Werk- und Rangierhallen ist dem Bahnbetriebswerk in Wersten nachempfunden."

Der 63-jährige Kölner ist der Spezialist für den Landschaftsbau. Stundenlang frickelt und werkelt der ehemalige Versicherungskaufmann in den Katakomben der Schule. Mit Heißschneider und Beitel bewaffnet, vermengt er Holz, Styropor und Gips so gekonnt, dass naturgetreue Berge, tiefe Täler und reißende Flüsse entstehen.

Aber auch vor anspruchsvollen Bauwerken - alle Marke Eigenbau - schreckt er nicht zurück. So hat ihn allein der Nachbau der Amsteg-Brücke am St.-Gotthard-Pass eineinhalb Jahre gekostet.

"Wir legen eigentlich mehr Wert auf das Landschaftliche als auf Gebäude", sagt Florian Zapadtka (35) und zeigt auf einen Weinberg. "Der hat exakt 2182Reben - jede einzelne aus Draht geflochten, danach naturgetreu bepinselt und mit Blätterflocken bestreut."

"Diesen Aufwand betreibt man natürlich nur, wenn man von Kindesbeinen an mit dem Hobby verbunden ist", sagt Enrico Kaddatz (45). "Zwar gab es bei den meisten eine Unterbrechung in der Sturm-und-Drang-Zeit, aber letztendlich hat die Liebe zur Modelleisenbahn überlebt."

Personell besteht der Erkrather Verein - wen wundert’s? - ausschließlich aus männlichen Vertretern. Die Altersspanne reicht von zwölf bis 83 Jahren, wobei die meisten schon jenseits der 40Jahre sind. "Das ist eben das Alter, in dem Jungen-Träume wahr werden", schmunzelt Vorsitzender Stefan Bückmann.