Erkrath: Räumung mit dem Hammer

Ohne Vorankündigung wurde die Wohnung von Heidrun Wetzig (43) geräumt. Der Vermieter sieht sich jedoch im Recht.

Erkrath. Heidrun Wetzig ist verzweifelt. Die 43-Jährige steht mit Tränen in den Augen vor einem Haufen zerschlagener Möbel. "Das war mein komplettes Leben", sagt sie, und schlägt die Hände vors Gesicht.

Eine vom Vermieter beauftragte Firma hatte am Dienstag die Wohnung der Erkratherin geräumt und dabei auch auf persönliche Unterlagen wie Stammbaum und Geburtsurkunden keine Rücksicht genommen. "Am meisten schmerzt mich, dass das Spielzeug meiner Tochter auf dem Müll gelandet ist."

Zehn Jahre lebte Heidrun Wetzig in der Wohnung an der Sandheider Straße 80. Anfangs schlug sich die Witwe mit Gelegenheitsjobs durch, dann wurde sie schwanger, brachte Tochter Svenja, heute neun Jahre, zur Welt.

"In meinen Alter und mit einem Kind habe ich keine Arbeit gefunden", erzählt sie. Seitdem lebt Heidrun Wetzig von staatlicher Unterstützung und der Witwenrente. Die rund 500 Euro Miete wurden von der Arge direkt auf das Konto des Vermieters überwiesen. Doch dann geht etwas schief. Ein Folgeantrag zur Bewilligung der Leistung kommt beim Sachbearbeiter nicht an. Die Arge stellt die Mietzahlungen ein.

"Vier Monate hab ich gar nicht gemerkt, dass die Miete nicht gezahlt worden ist. Mahnungen habe ich keine bekommen", sagt Heidrun Wetzig. Es kommt, was kommen muss. Im März dieses Jahres steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Die Schlösser werden ausgetauscht, die persönlichen Sachen verbleiben aber in der Wohnung.

Diese Vorgehensweise, auch das Berliner Modell genannt, spart dem Mieter Kosten, weil er die Einlagerung seiner Möbel nicht bezahlen muss, sondern die Gelegenheit bekommt, einen Umzug selbst zu organisieren. Der Vermieter macht aber auch von seinem Pfandrechtgebrauch, kann Gegenstände von Wert versteigern lassen und den Gewinn mit den Schulden verrechnen.

Bei Heidrun Wetzig ist allerdings nichts zu holen, in der Wohnung verbleiben nur Möbel, Bücher, Spielsachen und andere Gebrauchsgegenstände - eben das Leben von Heidrun Wetzig.

"Die Mieterin hatte mehrfach die Möglichkeit, ihre persönlichen Dinge aus der Wohnung zu holen", sagt Bettina Benner, Pressesprecherin der GAGFAH Group, in deren Besitz fast alle Wohnhäuser im Bezirk Sandheide sind. Heidrun Wetzig sei auch mehrfach in der Wohnung gewesen. Doch seit September habe man von ihr nichts mehr gehört, sagt die Pressesprecherin. "Wir mussten räumen, weil sich Nachbarn über den Geruch beschwert haben."

Dass Heidrun Wetzig nicht über die bevorstehende Räumung informiert worden sei, liege daran, dass der Kontakt abgebrochen sei, man keine neue Adresse von Heidrun Wetzig gehabt habe. Wetzig hingegen ist sich sicher, dass der Verwalter im Besitz ihrer Handynummer ist.

Der Anwalt von Heidrun Wetzig, Wolfgang Jöbges, der sie bisher gegen die Arge vertritt, findet die Vorgehensweise der GAGFAH jedenfalls nicht richtig. "Man hätte ihr mitteilen müssen, dass die Wohnung nun geräumt wird, und nicht einfach alles kaputt schlagen." Das sah auch die Polizei so, die am Dienstagabend die Räumung vorerst stoppte. "Wir haben daraufhin einige Sachen wieder in die Wohnung bringen lassen", erklärt Bettina Benner.

Man habe mit Heidrun Wetzig nun am Freitag einen Termin ausgemacht, an dem sie ihre persönlichen Dinge aus der Wohnung holen könne. "Ich bin froh, wenigstens die restlichen Sachen holen zu können, aber meine Papiere sind unwiederbringlich weg. Die Sachen waren ja schon auf dem Lkw, da bin ich auch noch hoch, konnte aber nichts mehr retten", sagt Wetzig.