Erkrath: Tante-Emma-Laden am Millrather Weg: Der Abriss einer Existenz
Dort, wo jetzt drei neue Häuser entstehen, hatte das Ehepaar Heidrich 18 Jahre lang seinen Tante-Emma-Laden.
Erkrath. Millrather Weg, Nr. 43-47. Diese Adresse wird zurzeit von einem Bauschild und Baggern "bewohnt". Ende nächsten Jahres will die Firma GWB dort 21 Eigentumswohnungen in drei Wohnhäusern bezugsfertig präsentieren.
Was Stadtentwickler freut, unterlegt die Stimme von Inge Heidrich mit Zorn. Millrather Weg Nr. 47, das war bis Ende August ihre Adresse. 18 Jahre lang hat die 60-Jährige gemeinsam mit ihrem Mann Dietmar in dem Haus ein Lebensmittelgeschäft der Art betrieben, wie sie eigentlich längst ausgestorben waren. "Das war so ein richtiger Tante-Emma-Laden." Für ihre Kunden boten die Heidrichs einen besonderen Service: Wer telefonisch bestellte, wurde frei Haus beliefert. "Das war für ältere Leute ganz wichtig", sagte Inge Heidrich.
Aus, vorbei. Seit drei Wochen wird das Haus gemeinsam mit Beuer’s Bauerstube und dem daneben stehenden Wohnhaus abgerissen. Diese Tatsache stimmt die ehemalige Geschäftsfrau traurig, richtig sauer wird sie jedoch, wenn sie darüber spricht, was der Abrissbirne vorausgegangen ist. "Vor drei Jahren haben wir die Eigentümerin angerufen und gesagt, dass wir renovieren wollen. Wir haben gefragt, ob sie die Häuser in absehbarer Zeit zu verkaufen gedenkt." Als Antwort habe sie ein klares "Nein" erhalten.
Derart "abgesichert" wurde investiert. In einen neuen Boden, eine neue Markise, neuen Wandputz. "So um die 8000 Euro haben wir ausgegeben." Dass dieses Geld möglicherweise doch nicht so gut angelegt war, schwante dem Ehepaar, als vor rund einem Jahr der Pächter der benachbarten Kneipe kapitulierte. Ein Nachfolger wurde nicht gefunden. "Wer übernimmt denn auch einen Laden, in den er erst mal groß Geld stecken muss?", fragt Heidrich rhetorisch.
Im Vorjahr flatterte ihr die Kündigung ins Haus. "Die Kündigungsfrist betrug ein Jahr. Das haben war jedoch nicht akzeptiert." Die Auflösung des Mietverhältnisses beschäftigt jetzt ebenso Juristen wie die Tatsache, dass die damalige Eigentümerin die Kaution in Höhe von 2000 Mark plus Zinsen für 18 Jahre nicht bereit sein soll, an die Heidrichs zurückzuzahlen. "Wir sind friedliebende Menschen. Das lassen wir uns aber nicht gefallen."
Als Startkapital für einen neuen Laden kommt das Geld nicht in Frage. "Wir wollten zwar noch fünf Jahre weitermachen - aber was Neues aufbauen, nein, das ist kein Thema." Möglich wäre es, denn die Waagen und Kühlelemente lagern in einer Garage. "Wir haben die Sachen mehrfach inseriert. Das wollte aber niemand mehr haben."
Das vorzeitige Ende ihrer Existenz hat bei dem Paar Spuren hinterlassen. "Wir sind beide sehr krank geworden", sagt Inge Heidrich.