Haan: Hilfe - Einsatz im Erdbebengebiet

Vier Monate nach dem Beben in Italien leben die Menschen dort immer noch in Zelten. Enzo Notizia vom Malteser Hilfsdienst Haan war zehn Tage vor Ort.

Haan. "Es grollt, alles wackelt und ruckelt. Dann ist es wieder vollkommen ruhig", sagt Enzo Notizia, während er im Büro der Malteser in Haan sitzt.

Das Erdbeben, das er beschreibt, hat er Ende Juni in den Abruzzen erlebt. Genau in der Region, in der ein Beben am 6.April dieses Jahres verheerende Schäden angerichtet und zahlreiche Menschen obdachlos gemacht hat.

"Ungefähr 30000 Menschen leben immer noch in Zelten", sagt Notizia, der sich seit Januar für den Haaner Hilfsdienst engagiert. 180 verschiedene Camps wurden eigens für die Menschen errichtet. In einem davon war der 31-Jährige zehn Tage lang zu Gast.

Die italienischen Malteser hatten Hilfe angefordert, Notizia nahm sich Urlaub und fuhr mit sechs Frauen und Männern - vier aus Bad Honnef und zwei aus Düsseldorf - in den Süden Europas.

Ihr Ziel: Das Zeltlager in Poggio di Roio in der Region L’Aquila in 1100 Meter Höhe auf dem Parkplatz der Universität, die seit 2006 steht, durch das Beben aber so stark beschädigt wurde, dass sie nicht mehr betreten werden darf.

"Nach zwei Tagen hatte ich die große Chance und wurde zum stellvertretenden Campleiter ernannt", sagt Notizia. Der selbstständige Unternehmensberater spricht fließend italienisch - sein Vater ist Italiener, seine Mutter Deutsche - und hat sich fast zwölf Jahre lang für das Technische Hilfswerk in Solingen engagiert.

"Dort immer nur Betreuer zu sein, wurde mir allerdings irgendwann zu langweilig", sagt er. Also hat er Fortbildungen und Führungslehrgänge besucht. Auch in Sachen Brandschutz und Erdbebenmanagement ist der Vater von zwei Kindern geschult und kann Evakuierungspläne erstellen.

"In dem Camp habe ich Verantwortung für 400 Menschen übernommen", sagt er und hat zum Beispiel einen Tag lang eine neue Wasserversorgung aufgebaut "Beim THW habe ich das Verlegen von PVC-Rohren gelernt", sagt er. Dieses Wissen kam ihm in Italien zugute.

"Wenn acht Waschmaschinen ausfallen und auch keine Spülmaschine mehr läuft, dann gibt es unter den Campbewohnern Ärger." Also hat Notizia für einen zweiten Wasserkreislauf gesorgt, und der Friede war wieder hergestellt.

Generell würden die Menschen in den Camps außerordentlich gut versorgt. Die Sechs-Personen-Zelte sind mit Klimaanlagen und Heizungen ausgestattet, serviert werden Drei-Gänge-Menüs. "Wir haben erst einmal die sechs Lebensmittelcontainer aufgeräumt und sortiert", sagt Notizia und schmunzelt.

An Nudeln und Tomatensauce werde auch die nächsten Monate kein Mangel herrschen. Aber so lange sollen die Betroffenen gar nicht mehr in der Zeltstadt leben. "Wenn im September der erste Schnee fällt, sollen die meisten wieder in Häusern wohnen", sagt Notizia. Zurzeit würden in der Region zahlreiche Holzhäuser für sie errichtet.

Er und seine deutschen Mitstreiter wurden bei 48 Grad in der Sonne in der Küche, beim Sanitätsdienst und an der Einlasskontrolle eingesetzt. Das Schlimmste, was er erlebt hat, war die Angst, dass während des G8-Gipfels dort Feuer gelegt würde.

Anfang Juli hatte Italiens Premierminister Silvio Berlusconi den Gipfel, der ursprünglich auf Sardinien stattfinden sollte, in die Erdbebenregion verlegt. Für die Helfer vor Ort bedeutete das, dass sie in dieser Zeit von der Welt abgeschnitten waren. "Das Internet und auch ein Großteil der Mobiltelefone funktionierte nicht", sagt Notizia. Aber auch damit sei man klar gekommen.

Seine schönsten Erfahrungen dort hat er allerdings mit den Menschen - Campbewohner und Mitarbeiter anderer Hilfsdienste - gemacht. "Die waren sehr herzlich", erinnert er sich. "Einige von ihnen vermisse ich schon." Grund genug für ihn zu überlegen, Anfang oder Mitte August wieder nach Italien zu reisen.