Haan: Leih-Oma Rita bleibt gelassen

Rita und Charly Becker engagieren sich als Leih-Großeltern. Den quirligen Dean (2) und den strahlenden Damon (10 Monate) haben sie gut im Griff.

Haan. Oma Rita lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. "Wir machen das schon", sagt die 67-Jährige und lächelt ihren Mann Charly (76) an. Der sitzt gut gelaunt am Esstisch. Hektisch wird auch er nicht. Dabei gibt Dean allen Anlass dazu.

Der Zweijährige bewegt sich in der Wohnung der Beckers blitzschnell vom Wohn- ins Schlafzimmer. Da kommt selbst Mutter Claudia Stellisch (26) kaum hinterher. Sie muss auch noch Damon im Auge behalten. Ihr zehn Monate alter zweiter Sohn hat Fieber und bekommt gerade seine ersten Zähne. Da ist sie froh, dass sie ab und zu auf die Hilfe von Rita und Charly zurückgreifen kann.

Die Rentner kümmern sich als Leih-Großeltern um die Kinder von Claudia. "Während ich schwanger war, hat Rita mir ihre Hilfe angeboten", erinnert sich die junge Mutter an erste nachbarschaftliche Kontakte. Dass daraus ein Paradebeispiel für das gut ein Jahr alte Projekt Leihgroßeltern wurde, ist Uschi Reiser (70) zu verdanken.

Auch sie ist eine Nachbarin von Familie Stellisch und den Eheleuten Becker und bemüht sich mit Margit Thomas, Leiterin der Awo Haan, und weiteren Ehrenamtlern um langfristige Kontakte zwischen Kindern, Eltern und Senioren.

Mitte August vergangenen Jahres hatten Margit Thomas, und Julia Wolff vom Haus für Familien am Bandenfeld für das Angebot geworben und sowohl Großeltern als auch Familien gesucht, die davon Gebrauch machen wollten.

Lief das Projekt anfangs schleppend an, gibt es inzwischen sowohl fünf bis sechs interessierte Omas und Opas, als auch entsprechend viele Mütter und Väter (auch aus Gruiten und Hilden), die gerne neue Großeltern für ihren Nachwuchs gewinnen würden. "Wir schauen jetzt gezielt, wer zusammenpasst", sagt Thomas. Die einen wollen lieber einen Säugling, andere lieber Mädchen betreuen, weil sie selbst zwei Jungs großgezogen haben.

"Als meine Enkelkinder auf die Welt kamen, habe ich in Bremen gelebt. Damals hat mich meine Tochter oft vermisst", sagt Rita Becker. "Daran habe ich mich erinnert, als ich Claudia kennenlernte." Ihr Hilfe anzubieten, lag da nah. "Jetzt haben wir wieder ein bisschen Jugend um uns." Und die 26-Jährige weiß, was sie den Leih-Großeltern, deren Enkelkinder schon groß sind, zumuten kann. "Ich bringe immer nur ein Kind vorbei."

Meistens ist es der kleine Damon, um den sich Rita und Charly kümmern, während die Mutter den Älteren in den Kindergarten bringt oder zum Einkaufen geht. Auch wenn es ums Essen oder Fragen der Kindererziehung geht, profitiert sie von der Erfahrung der Senioren.

Denn Claudia Stellischs Mann ist als Soldat in Köln stationiert und kommt erst am Abend nach Hause, ihre Eltern leben an der Mecklenburgischen Seenplatte und die Schwiegereltern in Düsseldorf - zu weit weg, um deren Hilfe für ein zwei Stunden in Anspruch zu nehmen.

"Und ich habe sogar die Luxusversion, denn ich habe mit Uschi Reiser ja noch eine Leihoma", sagt Claudia Stellisch strahlend und fügt hinzu: "Natürlich würde es auch ohne die drei gehen, aber so ist es deutlich besser."