Erkrath: Die Forscherin im Kino-Keller

Im Kaiserhof blickt Stadtarchivarin Erika Stubenhöfer auf die Geschichte Erkraths.

Erkrath. Wo früher Hollywood-Klassiker über die Leinwand flimmerten, lagert seit Januar 2008 die in Kisten verpackte und in hohen Regalen gestapelte Geschichte der Stadt. Im neuen Stadtarchiv im Keller des Kaiserhofs liegt das Reich von Archivarin Erika Stubenhöfer. "Früher musste ich immer erst alles aus dem Rathaus holen", erinnert sich die 55-Jährige an die Zeit, in der ihr Büro noch im Kaiserhof und die Archivräume im Rathaus waren.

Stolz führt Erika Stubenhöfer durch ihr neues Reich, das mit den staubigen Archiven aus Filmen nur wenig gemein hat. Es ist hell und freundlich, in jedem Raum summt die Lüftung, die das Archiv-Klima konstant hält.

"Hier landen alle Akten aus der Gemeinde, die entweder aus gesetzlichen Gründen gelagert werden, oder die eventuell einmal historisch bedeutsam werden könnten", sagt die Archivarin mit Blick auf unzählige Kisten und Folianten. "Historisch bedeutsam" ist ein Begriff, den Erika Stubenhöfer jedes Mal aufs Neue abwägen muss. "Knöllchen sind kein Fall für das Stadtarchiv", sagt sie lachend. Man sieht es ihr an: Zwischen all den Büchern und Akten fühlt sie sich sichtlich wohl.

Die 55-Jährige ist die Herrin über unzählige Ratsprotokolle, Akten, Pläne, Meldekarten, Poster und unzählige Fotos. Eines ihrer Schmuckstücke ist eine ganz besondere Akte. "Special Akten der Bürgermeisterei Gerresheim betreffend den Kirchhof zu Erkrath", steht in verschnörkelter Schrift auf dem vergilbten Aktendeckel (siehe Foto).

Aus dem Jahr 1825 stammt das handgeheftete Schriftstück und ist damit das älteste im Stadtarchiv. In gestochen scharfer Schönschrift zeigt sie die Entwicklung der Erkrather Friedhöfe, dokumentiert die Diskussion, dass katholische und evangelische Erkrather bitteschön auf verschiedenen Teilen des Friedhofs zu liegen haben. "Hin und wieder schmunzelt man da schon", sagt Stubenhöfer.

Aber auch spannende Entdeckungen macht sie, wie etwa einen mehr als 160 Jahre alten, handgezeichneten Plan, der zeigt, wo die neu gebaute Eisenbahn den Friedhof an der Kreuzstraße schneidet. "Da freu ich mich, sowas in einer Akte zu finden."

Geschichte ist Erika Stubenhöfers Leidenschaft. Wenn sich durch das Nachlesen und Nachforschen zu einem Thema langsam ein Bild aufbaut und immer schärfer wird, dann ist sie in ihrem Element.

Zur Geschichtswissenschaft gelangte sie allerdings erst mit 36Jahren, als sie ihr Studium an der Heinrich-Heine-Universität begann. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie zunächst im Ratinger Stadtarchiv, veröffentlichte historische Aufsätze, bis sie 2000 die Stelle als Stadtarchivarin in Erkrath antrat.

"Knöllchen sind kein Fall fürs Stadtarchiv."

Archivarin Erika Stubenhöfer

Neben ihrer täglichen Arbeit, dem im Fachjargon "Umbetten" genannten archivieren von Akten, hat sie viele Anfragen an das Archiv zu bearbeiten und muss ihre "Benutzer" genannten Kunden betreuen. "Das sind Leute. die von der Uni kommen, Schüler, Heimatforscher oder Ahnenforscher", sagt Stubenhöfer.

Die Chancen, im Erkrather Archiv auf Hinweise zu stoßen ist gut. Bis etwa 1870 reichen die Aufzeichnungen der Meldekarteien zurück. Daneben betreibt Erika Stubenhöfer auch viele eigene Forschungen und - das ist ihr wichtig - veröffentlicht sie auch. "Ich will ja nicht nur fürs stille Kämmerlein arbeiten."

Neben der Schriftreihe ’Erkrather Forschungen’, die sie betreut, hat sie auch eine Chronik der Erkrather Bürgermeister von 1899 bis 1999 herausgegeben. Auch das ist für die Vorsitzende der Erkrather Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins praktische Geschichtsaufarbeitung.

Noch ist im neuen Archiv nicht alles an seinem Platz, doch in einem halben Jahr soll alles fertig sein. Dann wird Erika Stubenhöfer auch mehr Zeit für ihre ’Benutzer’ haben. Bis zu 70 Anfragen und Besucher hat sie pro Monat. Tendenz steigend.