Haan: Rumänien ins Gesicht geschaut

Ausstellung: Armin Ponge zeigt Bilder über „die verkannten Europäer“ in der Landesfinanzschule.

Haan. "Warum Rumänien?", wird Armin Pongs immer wieder nach dem Hintergrund seines Ausstellungsthemas gefragt. "Vielleicht, weil das unvergleichlich negative Image, diese Vorurteile und Klischees mich inspiriert haben, 1994 das Land erstmalig zu bereisen." Was er in dem oft als ärmlich und hinterwäldlerisch dargestellten Land erlebte, faszinierte ihn. So auf den Geschmack gekommen, hängte der studierte Psychologe und Soziologe weitere Fahrten an - in denen er Rumänien und Leute bestens kennen lernte.

Von diesen Eindrücken handelt die Wanderausstellung "Die verkannten Europäer - Gesichter und Geschichten aus Rumänien". Zur Vernissage in einem total überfüllten Klassenraum in der Landesfinanzschule zeigte der 40Jahre alte gebürtige Mönchengladbacher nicht allein vom ihm geschossene Fotos, er hielt auch einen Einführungsvortrag. In ihm erhellte er, warum er bestimmte Menschen abgelichtet hat, erzählte Anekdoten und Hintergründe und versuchte, Klischees durch Fakten zu ersetzen.

"Bekannte Rumänen, über die man spricht, sind Ion Tiriac, zu Glanzzeiten der Manager von Boris Beckers, und Peter Maffay", führte er ein. Doch wer redet über Mircea Dinescu? Der Poet wurde 21-jährig wie ein Star der rumänischen Literaturszene gefeiert, in der Endphase der Ceausescu-Diktatur als Dissident verfolgt, unter Arrest gestellt und seine damals unveröffentlichte Gedichtsammlung "Moarta citeste ziarul" von der Zensur verboten. Oder Andrei Plesu, der Rumänien 1982 aus politischen Gründen - er pflegte unter anderem Kontakt zu Dinescu - verlassen musste und nach der Revolution 1989 bis 1991 Kulturminister war?

Doch nicht nur Gesichter rumänischer Bürger zeigt Pongs an der Kaiserstraße. Er versucht, neue Einblicke in das Land und seine Kultur zu vermitteln. Trachten der Maramuresch, die weltberühmten Moldau-Klöster mit ihren stilechten Außenfresken und den "Lustigen Friedhof" in Sápânta zeigte er. Natürlich auch im Bild: der Parlamentspalast in Rumäniens Hauptstadt. Der gilt als zweitgrößtes Gebäude der Welt, gleich nach dem Pentagon bei Washington. Einst ließ Diktator Nicolae Ceausescu den Klotz aus dem Boden stampfen, jetzt tagt dort die Volksvertretung eines demokratischen Landes.

Als enorm "wissbegierig und fleißig" beschrieb Armin Ponge junge Rumänen. Bestes Beispiel hierfür sei Alina Chisliac, Studentin aus Bukarest, die frei nach Wittgensteins Maxime "Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt" sieben Sprachen spricht - fließend. Ob mit diesen Bildern die gängigen Vorurteile nachhaltig beseitigt werden, ist fraglich. Auf jeden Fall zeigen sie neue Facetten eines bislang offensichtlich unterschätzten Landes.