Hochdahl: Löbleins Angst vor Kitsch

Auf der steten Suche nach Tiefe in Worten und Bildern wird der Maler und Bildhauer Erhard Löblein heute 75 Jahre alt.

Hochdahl. "Ich hab unheimliche Angst vor Kitsch." Wenn Erhard Löblein (75) diesen Satz sagt, spürt man sofort, worum es ihm geht. Niedliche Kinderaugen, Blumensträuße, heile Welt? Niemals würde der Künstler seine Hand durch solche Dinge leiten lassen. Weder beim Malen, noch beim Schreiben oder beim Bildhauern. Noch nicht mal beim Klavierspielen, wo er meistens improvisiert.

Was Löblein will, ist Tiefe. Tiefe in seinen Bildern. Tiefe in seinen Worten. Und Tiefe in einem Leben, das geprägt ist von der Auseinandersetzung mit sich selbst. "Meine Kunst hat fast etwas Expressionistisches", spricht er über das, was ihn schon sein ganzes Leben lang treibt.

Jetzt, nach einem Dreivierteljahrhundert, fällt der Rückblick leicht. Im unterfränkischen Marktbreit aufgewachsen, hätte Erhard Löblein nach dem Abitur eine ganze Liste mit Berufswünschen füllen können. Die Schauspielerei stand dabei ganz oben. "Ich wäre auch gern Schriftsteller oder ein erfolgreicher Komponist geworden", erinnert er sich.

Die damaligen Lebensumstände ließen nichts von alledem zu. Nach einem eher zufälligen Zusammentreffen der Mutter mit einem Grafiker in einem Marktbreiter Café war die berufliche Entwicklung vorgezeichnet. Erhard Löblein wurde Grafikdesigner, was er zumindest beruflich ein Leben lang blieb.

"Ich hab damals während der Ausbildung auch gelernt, dass man einen Dämmerschoppen schon um 3 Uhr nachmittags trinken kann", erinnert er sich schmunzelnd an seinen Lehrmeister. Nach Zwischenstopps in Nürnberg und Würzburg verschlug es den Künstler vor 40 Jahren in ein Atelier nach Düsseldorf.

Während tagsüber die Details im Mittelpunkt standen, zog es Erhard Löblein abends und am Wochenende an die Staffelei. Dort ging es dann weniger gradlinig und oberflächlich zu.

Als er vor mehr als zehn Jahren in den Ruhestand ging, war dieser kreative Balanceakt nicht mehr nötig. Fortan gab es niemanden mehr, dem er Rechenschaft schuldig war.

Schon immer standen Menschen im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens. "Das ist für mich das wichtigste Motiv im Leben", gibt Erhard Löblein einen Einblick in seine Inspiration, über die er nur ungern spricht.

So bleiben viele Bilder ohne Titel, um den Betrachter nicht einzuengen. Die Geschichten, die er erzählen will, sollen sich dem aufmerksamen Beobachter von selbst erschließen. Glatte Oberflächen liegen ihm dabei nicht besonders. Weder in seiner Maltechnik, bei der er Acryl gelegentlich mit Sand vermischt, um eine möglichst offene und raue Struktur in seine Werke zu bringen. Noch bei dem, was er als Mensch durch seine Malerei, Schriftstellerei und Musik mitteilen will.

Etwas unfertig liegen zu lassen, liegt ihm nicht. Manchmal wandert seine Kunst so vorübergehend in den Keller, um mit mehr innerer Distanz ein paar Tage später wieder ins Blickfeld des Künstlers zu geraten.

Was seine künstlerische Handschrift betrifft, ist Erhard Löblein immer noch auf der Suche: "Ich habe keine deutliche, aber eine erkennbare Handschrift. Ich will auch nicht stehen bleiben und mich andauernd reproduzieren", sagt er über sich selbst.