Hochdahl: Schach - Davids Strategie für Antalya
Der zehnjährige David Kaplun wird an der Jugend-Schachweltmeisterschaft in der Türkei teilnehmen.
Hochdahl. Seine Schwester hat keine Chance gegen ihn. Auch den eigenen Vater setzt das Nesthäkchen der Familie in kürzester Zeit schachmatt. "Wenn er neue Spielzüge ausprobiert, gewinne ich noch manchmal. Ansonsten genügen ihm 20 Züge, um mich zu besiegen", gibt Ilja Kaplun zu.
Der zehnjährige David ist seinem Vater als Schachlehrer längst entwachsen. Mittlerweile trainiert er rund zwölf Stunden in der Woche, meist unter Aufsicht seines Trainers, des internationalen Schachmeisters Thomas Trella. Mit fünf Jahren hat David die Leidenschaft für Bauer, Dame und König entdeckt. "Unsere ganze Familie spielt Schach", erzählt Ilja Kaplun. Zu Beginn war vor allem Schwester Viktoria (22) auf Turnieren unterwegs; das Schachbrett stand jederzeit zum Spiel bereit auf dem Wohnzimmertisch.
"David hat die Regeln sehr schnell gelernt. Mit sieben Jahren ist er dann Mitglied im Erkrather Schachclub geworden", erinnert sich der Vater. Andere Hobbies wie Fußball oder Judo wichen der wachsenden Begeisterung für das Brettspiel. "Die Turnier- und Trainingstermine haben sich ständig überschnitten."
"Das Besondere am Schach ist das Nachdenken über die nächsten Spielzüge, das Experimentieren mit verschiedenenen Strategien", schwärmt David, während er Strategien wie die Spanische Eröffnung und das Damengambit demonstriert. Flink und sicher bewegen sich seine Hände dabei über das Brett. Die Positionen und Zugregeln der Spielfiguren sind dem Zehnjährigen so vertraut wie anderen Menschen der Umgang mit Messer und Gabel.
Anfang dieses Jahres nahm David an der Grand-Prix-Serie der Schachjugend NRW teil. In acht Schnellschach-Turnieren kämpften die spielstärksten Kinder in ihren Altersklassen um den Sieg - David konnte sich unangefochten an die Spitze setzen. "Diese Turnierreihe hat ihn unheimlich motiviert", sagt Ilja Kaplun. "Um seine Spielstärke zu steigern, hat er dann an Turnieren mit Lanzeitpartien für Erwachsene teilgenommen." Den bisherigen Höhepunkt in Davids Laufbahn stellte die Deutsche Jugendeinzelmeisterschaft U10 in diesem Jahr dar - von 100 Teilnehmern erreichte er den 17. Platz.
Die bislang größte Herausforderung steht dem jungen Schachtalent jedoch noch bevor: die Teilnahme an der Jugendweltmeisterschaft. "Die Anforderungen dort sind sehr hoch. Um teilnehmen zu dürfen, muss man zu den besten Spielern Deutschlands gehören. Aus ganz NRW nehmen nur drei Spieler in seiner Altersklasse teil", erklärt der stolze Vater. Für David stellt diese Regelung kein Problem dar: Er belegt derzeit deutschlandweit den siebten Platz seines Jahrgangs.
Eine andere Hürde galt es jedoch für die Teilnahme im November zu überwinden. Die Weltmeisterschaft läuft über elf Tage und findet im türkischen Antalya statt; Flug und Aufenthalt für David und seine ihn betreuende Schwester werden mit rund 2500 Euro zu Buche schlagen - Geld, das die Familie Kaplun nicht hat.
"Der Schachclub Erkrath wird uns den größten Teil der Summe zur Verfügung stellen", freut sich Kaplun. Und auch von anderen Seiten erhält die Familie Unterstützung: Der Förderverein Pro Jugend Erkrath überreichte ihnen am Mittwoch einen Scheck über 500 Euro. "Wir sind kein Spendenverein. Aber wenn Jugendliche etwas förderungswürdiges machen wollen, helfen wir gerne", so erster Vorsitzender Thorsten Seelig.
Für die elf Tage der Weltmeisterschaft wurde der Hochdahler Gymnasiast David von Schulleiter Dieter Smolka freigestellt. Welche Herausforderung die Weltmeisterschaft darstellt, ist dem selbstbewussten David klar. "Vor allem freue ich mich aber auf die Zeit dort. Es wird toll sein, gegen so viele Weltklassespieler anzutreten." Und er tritt den Weg nach Antalya mit einem klaren Ziel vor Augen an: "Ich will gewinnen. Ich glaube an mich."