Prozess in Mettmann: Nachbarsjungen (14) mehrfach missbraucht?
In Mettmann steht ein 20-Jähriger aus Wülfrath vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Missbrauch in 22 Fällen vor.
Mettmann/Wülfrath. In mindestens 22 Fällen soll ein heute 20Jahre alter Wülfrather einen jetzt 14Jahre alten Nachbarsjungen im vergangenen Jahr sexuell missbraucht haben. Seit gestern muss er sich vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Mettmann verantworten. Nach nur 35 Minuten war der Prozessauftakt allerdings schon vorbei. Zuerst soll ein Gutachten erstellt werden.
Stefan S. (Name wurde geändert) ist ein eher zarter Junge. Mit seinen Eltern wartet er vor dem Amtsgericht an der Gartenstraße auf seinen Anwalt. Dass er gleich den jungen Mann treffen soll, der ihn zu sexuellen Handlungen genötigt haben soll, widerstrebt ihm. Diese Abneigung ist greifbar.
Als der Angeklagte vor dem Gericht eintrifft, verharrt S. hinter der Haus-Ecke. Versteckt sich. Erst als der 20-Jährige im Gebäude ist, die Sicherheitsschleuse passiert hat, folgt auch er mit Eltern und Rechtsbeistand. Der Wülfrather Anwalt Markus Matzkeit vertritt die Eltern in der Nebenklage. In den Gerichtssaal geht S. nicht. Bleibt mit der Mutter irgendwo im Gebäude.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft verliest die Anklageschrift. Sachlich. Nüchtern. Die Schwere der Vorwürfe kann die Wortwahl nicht nehmen. Sie zählt die sexuellen Handlungen auf, die es im Zeitraum von Mai bis Oktober 2008 gegeben haben soll.
Demnach hat sich der Angeklagte zum ersten Mal im Düsseler Wald an dem damals 13-Jährigen vergangen, als er 19 Jahre alt war. Er habe sexuelle Handlungen vorgenommen, sei "in den Körper eingedrungen". Er habe S. gesagt, "wie er sich verhalten, sich zu stellen, sich zu bücken hat".
Der Beschuldigte verfolgt die Sitzung neben seinem Pflichtverteidiger Benninghoven sitzend scheinbar regungslos. Er hat seine Hände gefaltet auf den Tisch vor ihm gelegt, knetet die Finger ab und an. Mit den Füßen tippt er auf den Boden. Zu den Vorwürfen hat er sich bisher nicht eingelassen. Auch in der Verhandlung nicht.
Nach einem informellen Gespräch zwischen Richter, Verteidiger und Klägerseite wird die Fortführung des Prozesses auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Zuvor soll ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, das die Glaubwürdigkeit des Zeugen Stefan S. prüft. Stefan, der auch das Opfer sein soll.
Der Angeklagte ist für die Justiz kein unbeschriebenes Blatt. Schon 2006 wurde nach WZ-Informationen wegen ähnlicher Vorwürfe ermittelt. Dieses Verfahren wurde eingestellt. Der Beschuldigte musste sich aber einer Therapie unterziehen.