Mettmann: Netzwerk soll Kinder vor Vernachlässigung schützen
Die Stadt, Vereine, Verbände, Ärzte und das Krankenhaus schließen sich zusammen.
Mettmann. Kinderschutz hat seinen Preis. Er hilft den Kindern, und er belastet die Stadtkasse. Ein Preis, den bis auf Mettmann längst alle anderen neun Städte im Kreis zahlen. "Wir müssen da sein, bevor ein kein Kind zu einem Fall wird", hat sich Haans Beigeordnete Dagmar Formella für die Einrichtung eines so genanntes Frühwarnsystem in den Familien ausgesprochen. Dabei geht es darum, vernachlässigte Kinder so früh wie möglich zu finden und zu schützen.
Ein solches Frühwarnsystem fordert die SPD auch für Mettmann. Doch CDU und FDP lehnen es aus Kostengründen ab. Denn dafür müsste im Jugendamt eine halbe Stelle neu geschaffen werden. "Wünschenswert, aber zurzeit nicht finanzierbar", winkte die bürgerliche Ratsmehrheit Dienstagabend im Rat ab.
Sie glaubt, dass diese Aufgaben vom neu gegründeten Netzwerk "Frühe Hilfen in Mettmann" geleistet werden können. Das Netzwerk sei aber gar nicht in der Lage, alle 200 bis 300 Mettmanner Neugeborenen, die in einem Jahr auf die Welt kommen, in ihren Familien zu besuchen, erklärte Astrid Hinterthür, Fachbereichsleiterin Bildung, Jugend, Soziales.
Im Netzwerk "Frühe Hilfen" haben sich neben dem Jugendamt, Vereine, Verbände und Einrichtungen, die sich um Kinder kümmern sowie Kinderärzte und das Evangelische Krankenhaus zusammengeschlossen, um gezielt auf Gefährdungen, Risiken und erste Signale zu reagieren. Jugendamtsleiter Rolf Mohnes: "Wir wollen Kindern und Eltern rechtzeitig Unterstützung und Hilfen anbieten."
Tatsächlich beobachtet Mohnes, dass die Zahl von Eltern, die mit der Erziehung ihres Kindes oder ihrer Kinder überfordert sind, stetig steigt. Ein Phänomen, dass sich durch alle Gesellschaftsschichten ziehe. Drogen, Alkohol, Armut und immer häufiger psychische Erkrankungen und Störungen führen laut Mohnes dazu, dass Kinder zu Hause vereinsamen. "Kinder erfahren keine Zuwendung mehr, erleben keine Nestwärme, weil etwa die allein erziehende Mutter viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist", sagt Mohnes.
40 bis 50 Mal wird das Jugendamt in einem Jahr in Familien vorstellig, um zu überprüfen, ob Kinder vernachlässigt oder gar misshandelt werden. "Oft müssen wir nicht nur überprüfen, sondern die Familien auch weiter begleiten." Besteht der Verdacht einer akuten Gefährdung, werden Kinder auch in Obhut genommen. "Eher selten ist es, dass wir Kinder gegen die Willen ihrer Eltern aus Familien rausholen. Dafür brauchen wir aber einen Gerichtsbeschluss", sagt Mohnes.
Er macht kein Geheimnis daraus, dass auch er es für notwendig hält, dass das Jugendamt mit einer zusätzlichen Stelle ausgestattet werden müsste. Damit alle neugeborenen Kinder und ihre Familien aufgesucht werden können.
Dennoch sind Mohnes und die Partner des Netzwerkes zuversichtlich und hoffen, dass sie rechtzeitig auf Missstände in Familien aufmerksam gemacht werden. "So könnten uns Kinderärzte beispielsweise mitteilen, wenn Kinder nicht zu den empfohlenen Untersuchungen kommen.
Wichtige Infos sollen auch aus dem Evangelische Krankenhaus kommen, "wenn etwa festgestellt wird, dass dort eine Mutter oder Eltern auftauchen, die auf die Geburt eines Kindes überhaupt nicht vorbereitet sind", so Mohnes. Er legt aber großen Wert darauf, dass das Jugendamt nicht als Eingreifbehörde in Familien, die bei der Erziehung ihrer Kinder Probleme haben, auflaufen will. "Wir wollen helfen."
Bei der Anmeldung ihrer Neugeboren bekommen alle Eltern im Standesamt ein Elternbegleitbuch in die Hand, das vom Netzwerk "Frühe Hilfen" herausgebracht wurde und viele Informationen rund ums Kind und Hilfsangebote enthält.