Mit Bärenstimme gegen Rempeleien
Statt auf Konflikte zu warten, übt die Grundschule am Neandertal Rollenspiele unter dem Motto „Gewaltfrei lernen“.
Mettmann. Mit großem Gejauchze toben die Kinder der Klasse 1c durch die Sporthalle. Sobald Beate Brandenburg auf ihre Trommel schlägt, verharren Justin, Leonie und die anderen in ihren Posen.
Es handelt sich nicht um Sportunterricht, sondern um Konfliktschulung - und da gelten besondere Regeln.
Die Erstklässler üben Rollenspiele unter dem Motto "Gewaltfrei lernen", einer Kombination aus spielerischen Befreiungssituationen mit wortstarken Reaktionen und starkem Körperausdruck. Dadurch sollen Beleidigungen, Ausgrenzungen und körperliche Angriffe künftig vermieden werden.
"Rein präventiv" ist diese Maßnahme, wie Carmen Bryks, Leiterin der Grundschule am Neandertal, erklärt. "Wir möchten die Kinder nicht nur schulintern fit machen, sondern auch für den Alltag."
Deshalb geht jede der zehn Klassen eine gespielte Auseinandersetzung mit der Konflikttrainerin ein. 226 Schüler bekommen dabei praktische Hilfsmittel an die Hand, um ein positives Sozialverhalten zu lernen. In schwierigen Situationen soll das greifen und Sicherheit bieten, fasst die Schulleiterin zusammen.
Das wichtigste Wort ist "Stopp", gefolgt von einem "mit mir machst Du das nicht noch mal", wenn es doch zu Rempeleien kommt. Gesprochen wird mit der Bärenstimme, nie geschrieen.
"Denn schreien ist aggressiv, die Bärenstimme dagegen ist ruhig", erklärt Beate Brandenburg. Auch der Blick ist wichtig: Wer angepöbelt wird, guckt nicht betreten zu Boden, sondern schaut seinem Gegenüber gerade in die Augen. So soll erst gar keine Opferrolle angenommen werden.
Die Kleinen lernen mit Begeisterung. Macht einer der Schüler fortlaufend Blödsinn, wird er ins Rote Buch eingetragen und der Klassenverband bestimmt eine Wiedergutmachung zur Tilgung.
Zwischen das Toben setzt Beate Brandenburg ruhige Übungen. Mal sollen sich die Kinder nebeneinander legen und mit den Füßen in der Luft radfahren, dann mit den Beinen einen Stern auf den Boden legen. "Das fördert den Teamgeist", sagt die Konflikttrainerin.
Außerdem wird darauf geachtet, dass nicht immer die gleichen Kinder miteinander arbeiten, sondern sich neue Gruppen bilden - so wird niemand ausgegrenzt.
"Präventiv handeln, statt erst zu handeln, wenn es schon weh getan hat", lautet das Credo von "Gewaltfrei lernen" - eine Maxime, die nun auch die Grundschüler am Neanderthal verinnerlichen.