Notfallversorgung in Mettmann Schnellere notärztliche Versorgung

Der Kreis Mettmann gehört zu einer NRW-Vorreiter-Region. Rund 100 Rettungswagen werden aufgeschaltet.

 Dr. Arne Köster ist ärztlicher Leiter Rettungsdienst im Kreis Mettmann.

Dr. Arne Köster ist ärztlicher Leiter Rettungsdienst im Kreis Mettmann.

Foto: Kandzorra, Christian

Im Frühjahr 2020 hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales die flächendeckende Einführung des Telenotarztsystems in NRW auf den Weg gebracht. Der Kreis Mettmann ist gemeinsam mit Partnern einer von insgesamt sechs Vorreiter-Regionen.

Wie arbeitet ein
„Telenotarzt“?

Arne Köster: In der Funktion Telenotarzt wird ein in der Notfallmedizin besonders erfahrener und nach Vorgaben der Ärztekammer Nordrhein qualifizierter Notarzt oder eine Notärztin tätig. Diese Funktion arbeitet in der Leitstelle für den Brandschutz, die Hilfeleistung, den Katastrophenschutz und den Rettungsdienst an einem speziellen Arbeitsplatz. Dort werden auf mehreren Monitoren nicht nur alle Daten zum Einsatz dargestellt, es besteht auch die Möglichkeit, auf Veranlassung der Besatzung eines Rettungswagens eine audio-visuelle Verbindung über Mobilfunk mit der Notfallsanitäterin oder dem Notfallsanitäter des Rettungswagens aufzubauen. Zudem wird das Bild des Überwachungsmonitors im Rettungswagen in Echtzeit auf den Arbeitsplatz des Telenotarztes gespiegelt. Diesem stehen unter anderem das diagnostische EKG und alle weiteren mit diesem Gerät erhobenen Vitalparameter wie Blutdruck, Blutsauerstoffgehalt und andere zur Beurteilung der Patienten zur Verfügung. So kann der Telenotarzt in die Diagnostik, die Notfalltherapie und weitere medizinische Entscheidungen eingebunden werden.

Welche Vorteile bringt das für Menschen im Kreis
Mettmann?

Köster: Mit dem Telenotarzt steht häufiger und oft schneller notärztliche Unterstützung im Rahmen der Notfallbehandlung von Patienten des Rettungsdienstes zur Verfügung. Dies kann die Zeit bis zum Eintreffen eines Notarztes überbrücken. In Einzelfällen kann schon die teleärztliche Einbindung bei der Behandlung und falls nötig beim Transport ausreichen und die Versorgung der Patienten verbessern. Wichtig ist, dass das Telenotarztsystem die bestehenden Strukturen ergänzt und es selbstverständlich auch weiterhin Notärztinnen und Notärzte gibt, die mit ihren Einsatzfahrzeugen vor Ort verfügbar sind. Die Verfügbarkeit dieser Notärzte kann sogar für die wirklich kritischen Einsätze sogar verbessert werden.

Müssen die Bürger Angst haben, dass nun seltener ein Notarzt rausfährt – weil es ja den Telenotarzt am Funk/Telefon gibt?

Köster: Die Leitstelle entscheidet anhand der Einschätzung des Meldebildes und unter anderem auf der Grundlage eines Indikationskataloges, ob mit dem Rettungswagen sofort auch ein Notarzt mitalarmiert wird. Dies kann und wird sich durch das Telenotarztsystem nicht ändern, denn die notärztliche Kompetenz an der Einsatzstelle ist durch einen Telenotarzt nicht zu ersetzen. Die vollständige ärztliche Untersuchung, Befunderhebung und ärztliche Behandlungsmaßnahmen können umfassend nur durch den Notarzt vor Ort sichergestellt werden. Trifft aber der Rettungswagen auf einen Patienten, bei der eine ärztliche Unterstützung geboten ist, kann diese zukünftig erfolgen, ohne das ein Notarzt zusätzlich zur Einsatzstelle entsandt werden muss. Aus den Erfahrungen anderer Telenotarztsysteme, vor allem in Aachen, ist dies in einem Teil der Einsätze ausreichend. In diesen Fällen erfolgt durch den Telenotarzt im Grunde eine Beratung des Notfallsanitäters oder der Notfallsanitäterin. Ist ärztliches Handeln vor Ort an Patienten erforderlich, stehen Notärzte auch in Zukunft zur Verfügung.

Der Kreis Mettmann hat sich im Rahmen einer Kooperationsgemeinschaft mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis und den Städten Wuppertal, Solingen, Remscheid und Leverkusen erfolgreich beworben, Telenotarztstandort zu werden. Wie kommt es zu dieser weiträumigen Kooperation?

Köster: Rettungsdienst ist immer ein überregional arbeitendes System, das sich gegenseitig unterstützt. Zudem werden regelmäßig Patienten zu Krankenhäusern in anderen Gebietskörperschaften gebracht. Neben einer bestehenden technischen Redundanz der Kreisleitstelle Mettmann und der Leitstelle der Feuerwehr Leverkusen, die künftig im Wechsel auch redundante Standorte des Telenotarztes sein werden, gibt es eine langjährig bestehende gute Zusammenarbeit der Ärztlichen Leitungen dieser Städte und Kreise. So konnte in Vorgesprächen eine sehr gute fachlich-medizinische Grundlage für ein solches gemeinsames System gelegt und entwickelt werden. Zudem erfüllt diese Kooperation alle Voraussetzungen, die das Land NRW bzgl. Größe und Struktur an ein Telenotarztsystem stellt und konnte so auf Anhieb genehmigt werden.

Was ist jetzt zu tun, damit die Absicht noch in diesem Jahr umgesetzt werden kann?

Köster: Nun beginnt die konkrete Projektarbeit für die Umsetzung. Es wurden eine Steuerungsgruppe sowie Arbeitsgruppen zu verschiedenen Aufgabenfeldern eingerichtet. Alle Gruppen haben bereits Ihre Arbeit aufgenommen. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt uns umfassende Hilfe durch das Aachener Institut für Rettungswesen und zivile Sicherheit zur Verfügung, das schon länger ein Pilotprojekt in Ostwestfalen-Lippe begleitet. Trotz der immensen zusätzlichen Aufgaben durch die Pandemie hoffen wir, die wesentlichen Grundlagen für den Betriebsstart noch in diesem Jahr legen zu können. Schrittweise werden dann in den beteiligten Kreisen und Städten die zusammen fast 100 Rettungswagen und die beiden Leitstellen für den Telenotarztbetrieb ausgerüstet.

Wo ist ein idealer Standort für den Telenotarzt?

Köster: In der Steuerungsgruppe wurde bereits beschlossen und im Rahmen der Antragsstellung beim Land NRW auch beschrieben, dass die Kreisleitstelle Mettmann im neuen Gefahrenabwehrzentrum eine von zwei redundant aufgestellten Telenotarztzentralen des neuen Telenotarztverbundes wird. Die Option für den Betrieb eines Telenotarztarbeitsplatzes wurde mit Weitblick bereits in der Planung und Bauausführung der neuen Kreisleitstelle berücksichtigt, die insofern ein idealer Standort sein wird. Zweiter, im Wechselbetrieb geplanter Telenotarztstandort wird die Leitstelle der Feuerwehr Leverkusen, die ebenfalls erst vor Kurzem einen Neubau beziehen konnte und insofern gleichfalls ideale Voraussetzungen bietet.