Polizei im Kreis Mettmann Kreispolizisten gedenken getöteten Kollegen aus Rheinland-Pfalz
Mettmann · Schweigeminute für ermordeten Polizisten bei der Kreispolizei Mettmann. Bürger nehmen vielfach Anteil.
„Passt auf Euch auf!“ Diesen Zuruf hören Streifenwagenbesatzungen normalerweise eher selten. Doch seit einigen Tagen ist das anders, sagt ein Sprecher der Kreispolizei Mettmann. Nach den tödlichen Schüssen auf eine 24-jährige Polizeianwärterin und einen 29 Jahre alten Oberkommissar im rheinland-pfälzischen Kusel drücken viele Bürger in und um Mettmann ihre Anteilnahme aus.
Es sind Gesten, die die Beamten rühren: So erschien eine Seniorin auf der Wache in Mettmann und gab Schokolade ab. In Velbert bekam die Polizei Blumen von einer Bürgerin. Eine Frau aus Hilden überbrachte der Wache dort einen handgeschriebenen Brief: „Ich bin inzwischen 66 Jahre alt und habe immer gute Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Zum einen, weil ich Hilfe erhalten habe, zum anderen, weil ich – wenn ich einen Fehler im Straßenverkehr gemacht habe – freundlich behandelt wurde. Vielen Dank für Ihre Arbeit. Und vielen Dank dafür, dass Sie unter Einsatz Ihrer Gesundheit und Ihres Lebens für die Einhaltung der Gesetze und meine Sicherheit sorgen.“ Zudem drückten viele Hundert Bürger in sozialen Medien ihr Beileid für die Ermordeten und deren Familien und den Respekt für die Polizei aus.
Am Adalbert-Bach-Platz 1 in Mettmann wurde es am Freitag, Punkt 10 Uhr, still. Gedenkminute für die ermordete Kollegin und den Kollegen. Nur das Rauschen des Straßenverkehrs war zu hören. Aus dem Gefahrenabwehrzentrum des Kreises kamen Feuerwehrleute, Rettungssanitäter und Notärzte hinzu. Viele verschränkten die Hände und senkten die Köpfe. Landrat Thomas Hendele hatte sich zum Gedenken eingereiht – mit gemischten Gefühlen, wie er sagt: „Da ist tiefe Trauer darüber, dass zwei junge Menschen brutal aus dem Leben gerissen worden sind. Nach dem augenblicklichen Stand der Ermittlungen: wegen einer absoluten Lappalie. Meine Gedanken sind auch bei den Familien.“
Zugleich empfinde er aber auch Wut, weil die Aggression gegen Polizisten – aber auch gegen Feuerwehrleute und Rettungssanitäter stetig zunehme. „Beinahe jeden Tag werden mir in den Lageberichten Übergriffe auf Polizeibeamte und Rettungskräfte geschildert. Wir müssen mehr Respekt einfordern für die, die zu unser aller Schutz tagtäglich ihr Leben einsetzen.“ Er stehe ratlos vor der zunehmenden Zahl von Übergriffen.
„Ich erlebe als Landespfarrer der evangelischen Kirche für Polizeiseelsorge immer wieder, dass Polizeibeamte – ob weiblich oder männlich – einen sehr hohen Anspruch an sich selber haben“, sagt Volker Hülsdonk. Viele Beamten seien bereit, ganz dicke Bretter zu bohren und lange durchzuhalten. Doch in den Uniformen seien Menschen unterwegs. Diese seien sehr gut ausgebildet, um die Gefahren ihres Dienstes zu meistern. Das gelte auch für die Verarbeitung außergewöhnlicher Situationen. „Die Polizisten lernen, sich ihren Gefühlen zu stellen, sich ihrer Gefühle bewusst zu werden, aber ihnen nicht die Macht über sich zu geben“, sagt Hülsdonk.
Nach einem schrecklichen Unfall oder einem Schusswaffengebrauch gebe es bei der Polizei in NRW speziell geschulte Psychosoziale Unterstützungsteams, die die Beamten bei der Verarbeitung des Erlebten und Gesehenen eine Art seelische Erste Hilfe leisten. Hinzu kommen Gespräche in der eigenen Dienstgruppe, mit den Polizeiseelsorgern und – falls notwendig weitere Nachsorgemaßnahmen.
Der katholische Polizeiseelsorger Dominik Schultheis hat beobachtet, „dass junge Polizisten, aber auch ihre Führungskräfte intensiver als früher eine Aufarbeitung außergewöhnlicher Ereignisse einforderten. Es werde seiner Meinung schneller die professionelle Hilfe akzeptiert. Schultheis lehrt zugleich Ethik an der Polizeihochschule in Köln: Dort hätten die Ereignisse von Kusel sehr greifbar gemacht, so Schultheis, „wie gefährlich der Polizeiberuf sein kann.“
Schweigeminuten wie die der Kreispolizei Mettmann und Gespräche würden dabei helfen, die Vorfälle zu verarbeiten.