Prozess: Eine ganz normale Knast-Karriere

Das Amtsgericht Velbert verurteilt einen 62-Jährigen wegen schweren Diebstahls in einer Hochdahler Firma. Der Mann hat bereits 30 Jahre wegen ähnlicher Delikte in Haft verbracht.

Erkrath/Velbert. Heirat bewahrt nicht vor dem Knast. Diese Erfahrung hat jetzt der 62-jährige Ingo D. gemacht, der sich vor dem Amtsgericht Velbert wegen Einbruchs verantworten musste.

Dass er vier Tage vor dem Prozesstag seiner langjährigen Lebensgefährtin einen Ehering übergestreift hatte, wertete das Gericht jedoch lediglich als den plumpen Versuch, die Mär vom reuigen Sünder mit positiver Sozialprognose zu stärken.

Dass Richter Michael Dittmann starke Zweifel an der tatsächlichen Bereitschaft zur Umkehr äußerte, hatte wesentlich mit einem Blick ins Vorstrafenregister des in Oberhausen lebenden Bäckergesellen zu tun. "So um die 30 Jahre" - die genaue Addition der Haftsstrafen hatte sich der Jurist geschenkt - verbrachte D. in einer Zelle. Im Alter von 16 Jahren wurde er zum ersten Mal verurteilt.

Nach Ablauf seiner letzten Haftstrafe am 7. Januar 2007 "habe ich versucht, eine Stelle zu finden", sagte D. vor Gericht. Vergeblich. Alter und Vorstrafen machten ihn für jeden Arbeitgeber uninteressant. D. blieb HartzIV-Empfänger.

Um seinen Lebensunterhalt aus dem Verkauf von Diebesgut bestreiten zu können, fuhr D. am 7. Oktober nach Kneipenbesuchen in der Düsseldorfer Altstadt mit der S-Bahn nach Erkrath. Von der Haltestation in Hochdahl bis zur Firma Schilling an der Hauptstraße ist es nicht weit. D. drang in die Büroräume ein, brach Schränke auf und packte drei Handys und frei geschaltete Sim-Karten in seinen Rucksack.

Den nächsten Halt auf seiner Einbruchstour machte er an der Schimmelbuschstraße bei der Firma Schieferdecker. Als D. eine Lagerhalle aufbrach, löste er Alarm aus. Die Polizisten fanden D. schlafend auf dem Boden vor.

"Ich streite die Taten nicht ab. Ich kann mich aber an nichts erinnern", sagte D. jetzt vor Gericht immer wieder. Diese Unwissenheit bezog das Werkzeug in seinem Rucksack mit ein. "Ich weiß nicht, wo das herkommt."

Richter Dittmann mochte bei 1,45 Promille die Geschichte vom Filmriss nicht glauben. "Als die Polizei kam, haben Sie sich auf den Boden gelegt und so getan, als würden Sie schlafen", gab er seine Sicht der Dinge preis.

Damit ist die Verlierer-Karriere von D. um ein Kapitel reicher: Wegen schweren Diebstahls muss er diesmal ein Jahr und neun Monate ins Gefängnis. "Es hätten auch vier bis fünf Jahre sein können", sagte Dittmann. Eine Aussicht auf Besserung könne er nämlich nicht ausmachen.