Stadtführerin schaut bei der Geschichte ganz genau hin

Lydia König nimmt interessierte Bürger regelmäßig mit auf einen historischen Stadtrundgang.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Mettmann. Sie nimmt die Stadtgeschichte unter die Lupe. Und das im Beisein von Leuten, die unbedingt alles ganz genau wissen wollen. Lupenrein auf den Kopf stellt sie dabei natürlich nichts. Den Durchblick inmitten einer Jahrtausendhistorie hat sie hingegen schon. „Da brauchen wir für einen Rundgang auch schon mal zwei Stunden“, plaudert Lydia König über ihre historischen Stadtspaziergänge. Fragt man die Mitarbeiterin des städtischen Kulturamtes nach diesem oder jenem, weiß sie nahezu immer eine Antwort. „Es gibt aber auch Dinge, die ich selbst erst recherchieren muss“, gesteht sie. Dann schreibt sie sich die Telefonnummer auf, um die Erklärungen später nachzuliefern.

Sankt Lambertus? Im Jahre 1194 in Stein erbaut. Solche und andere Antworten kann man Lydia König im Handumdrehen entlocken. Dafür könne man sie sogar mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf wecken, sagt sie schmunzelnd. Obwohl sie weiß, dass man als Stadtführerin mehr sein sollte als ein wandelndes Geschichtsbuch. Einfach nur Jahreszahlen runterbeten und knochentrockene Details zum Besten geben? Damit allein ist es nicht getan. Im Gegenteil! Stadtgeschichte müsse lebendig werden und als Stadtführerin sei sie auch eine Geschichtenerzählerin. Steht man beispielsweise mit ihr in der Orthsgasse, lernt man gleich auch noch den Namensgeber kennen: Jakob Orth, Fassmacher. Dazu gibt’s dann die Story mitgeliefert, was man früher so alles mit Fässern machen wollte und konnte. Die wiederum steht nicht in irgendeinem Buch, sondern ist im Düsseldorfer Schifffahrtsmuseum nachzulesen. „Ich bin eine leidenschaftliche Museumsgängerin“, erzählt Lydia König von ihrem Hobby, dass sie auch in anderen Städten auf historischen Spuren wandeln lässt.

Mancherlei, was sich dort finden lässt, bekommt später einen Platz in ihren Stadtrundgängen. Denn dabei darf man durchaus auch schon mal über den Tellerrand der eigenen Stadt hinausschauen. Übrigens: Unweit der besagten Orthsgasse stand früher eines der drei Mettmanner Stadttore. Ein zweites gab es dort, wo seit Jahrzehnten Möbel Lensing sein Domizil hat. Und das dritte Tor? Begrenzte die Stadt früher genau dort, wo seit Jahrzehnten das Schreibwarengeschäft „Bovensiepen“ ansässig ist.

Hier beginnt üblicherweise auch der Stadtrundgang — mit Blick auf das Areal des früheren Königshofes als Keimzelle der Stadtentwicklung. Den Schlusssatz sagt Lydia König dann auf dem Marktplatz. Einem ihrer Lieblingsorte, zu denen auch das Hinterhofambiente von Türmchen und Café am Markt gehört. Das sei noch ein Stück „altes Mettmann“ — so wie man es früher kannte.

Die ersten Berührungspunkte mit der Stadtgeschichte hatte Lydia König übrigens bei den Aulen. Damals plante die Heimatvereinigung die Neueröffnung der alten Bürgermeisterei als Stadtgeschichtshaus. Und die Grafikerin wurde engagiert, um die Räumlichkeiten zu gestalten. „Ich habe dort beinahe jeden Nagel in die Wand geschlagen und alle Erklärtexte geschrieben.“ Bei den offiziellen Führungen wird sie meist von Mettmannern begleitet. Einige leben schon Jahrzehnte hier und wollen etwas dazulernen. Andere sind neu in der Stadt. Wieder andere kommen von überall her, um den Spuren der Stadtgeschichte zu folgen.