Vermessungsarbeit ist ein bisschen wie Schatzsuche

Ingenieure vom Vermessungs- und Katasteramt spüren Grenzsteine auf — manchmal auch mit dem Spaten.

Foto: Kreis Mettmann

Kreis Mettmann. Sie sind überall: Auf den Straßen, im Gebüsch, mal groß und klotzig, mal schmal und drahtig, mal ein dicker Nagel im Asphalt, mal ein wuchtiger Stein oder ein Eisenrohr. Manche haben noch ihre grellrote Farbe, die aber im Laufe der Zeit verschwindet. Und trotz ihrer Präsenz sind sie irgendwie unsichtbar: Grenzpunkte. Grenzpunkte zeigen Grenzen von Flurstücken an, also von amtlich vermessenen Flächen, sind in ihrer Lage definiert und deshalb in der Umwelt sichtbar markiert und verankert.

Für Peter Rohde und sein Außendienstteam vom Vermessungs- und Katasteramt des Kreises Mettmann sind Grenzpunkte allerdings sehr wohl allgegenwärtig. Die Vermessungsingenieure sind immer zur Stelle, wenn beispielsweise etwas Neues gebaut worden ist oder ein Flurstück geteilt werden soll. Dann vermessen sie die Koordinaten des Gebäudes oder der neuen Grenzen mit Messband und Fluchtstäben, einem globalen Navigationssatellitensystem, dem passenden Stativ, das den Spitznamen „Spinne“ trägt, und einem Tachymeter — das ist ein Instrument, das aus Winkeln und Strecken die Koordinaten der gewünschten Grenzpunkte ermitteln kann.

Dabei steckt das Team nicht nur neue Grenzen ab, es fasst auch bestehende an und prüft sie. „Die Kunst ist, sich an den Rahmen anzupassen, der schon existiert“, sagt Rohde. Dabei hält er auf einem unmaßstäblich gezeichneten Fortführungsriss die Vorgehensweise der Vermessung fest. Zum Beispiel bei der Kreisstraße 18 in Mettmann, noch besser bekannt als Osttangente.

Peter Rohde, Vermessungsingenieur

An den Betonstützen der K 18-Brücke, die über die Regiobahn führt, ist Rohde auf Grenzsteine der Eisenbahnvermessung von 1921 gestoßen. An einer anderen Stelle waren die Grenzpunkte sogar schon so alt, dass er zur Bürgermeistereikarte von 1831 greifen musste, um einen Bezug zum historischen Grenzverlauf herstellen zu können. „Hier wurde das letzte Mal vor knapp 200 Jahren vermessen — also nur zehn Jahre nach Napoleons Tod“, sagt Rohde. „Die Grenzpunkte von damals haben allerdings noch ganz andere Genauigkeitsstufen.“

Während man heutzutage dank Hightech und Satellitenempfang Grenzpunkte bis auf zwei Zentimeter genau bestimmen kann, waren damals 20 bis 50 Zentimeter Abweichung keine Seltenheit. So auch an dieser Stelle: Der ursprüngliche Grenzverlauf war nicht sofort sichtbar und musste deshalb rekonstruiert werden. Nicht so einfach, wenn die entsprechenden Grenzpunkte zugewachsen sind oder mittlerweile unter der Erde liegen. „Hier rettete uns eine gemauerte Drainageleitung unter dem Bahndamm. Sie wurde bei der Eisenbahnvermessung aus bautechnischen Gründen im alten Vermessungsriss mit dargestellt“, so Rohde. „Wir konnten die Leitung im Gebüsch ausfindig machen und dadurch die Messungslinie wieder herstellen. So haben wir Grenzsteine von 1921 wiedergefunden. Dafür mussten wir teils einen Meter tief graben.“ Diese fehlenden Grenzpunkte hat das Team dann im alten System erneuert und im modernen und genaueren Koordinatensystem eingemessen.

„Manchmal müssen wir beim Überprüfen und Freilegen älterer Grenzsteine zum Spaten greifen. Das ist schon ein bisschen wie Schatzsuche. Manche Grenzsteine liegen durch Umbauten tief unter der Erde, werden weggepflügt oder ausgespült.“ Zwischen Mitte Februar und Mitte Juni 2015 hat das Außendienstteam die Osttangente vermessen. An die abgegrenzten Flurstücke und die neuen Grenzen sind unter anderem juristische Ansprüche, Eigentum oder Zuständigkeiten geknüpft.