Helfen will gelernt sein
Wer beim THW mitmachen möchte, muss sich ein halbes Jahr lang ausbilden lassen.
Ratingen. Brücken bauen, Trümmer wegschaffen, Wasserleitungen legen, mit technischem Spezialgerät wie Hydraulikspreizern, Funkgeräten oder Radladern umgehen: In Notfällen oder bei Naturkatastrophen ist das Technische Hilfswerk (THW) oftnicht wegzudenken. Doch bevor die ehrenamtlichen Helfer zum Einsatz dürfen, müssen sie eine entsprechende Ausbildung absolvieren.
Dabei lernen sie vieles, das man auch sonst im Leben gebrauchen kann. Auch der richtige Umgang mit professionellen Werkzeugen und Maschinen zum Bearbeiten von Holz, Metall, Stein und Beton ist Teil der Ausbildung. Zurzeit gibt es zehn „Helferanwärter“ beim Ratinger THW-Ortsverein.
Eines lernen die Helfer in spe gleich zu Beginn: Abkürzungen. Ausgebildet wird im OV, wo oft auch der OB da ist — und natürlich der AB. Und dann muss irgendwer von der B1 den GKW raussetzen. Der OV ist der Ortsverband Ratingen — einer von knapp 130 Ortsverbänden in NRW. Der OB ist der Ortsbeauftragte Gerhard Gärtner, die B 1 ist die 1. Bergung, die am Wochenende Dienst hatte, der GKW ist der Gerätekraftwagen und der AB der Ausbildungsbeauftragte Michael Peetz.
Er erklärt, was er den „Neuen“ denn noch so alles während der Grundausbildung beibringt: „Es geht darum, den Helferanwärtern das Grundwissen im Umgang mit der THW-Ausrüstung im Einsatzfall zu vermitteln. Erst wenn sie dieses Wissen mit Prüfungen in Theorie und Praxis nachgewiesen haben, dürfen sie bei Einsätzen überhaupt mit raus.“
Das Technische Hilfswerk steht seit 1950 bereit, um bei Naturkatastrophen, Unfällen oder öffentlichen Notständen helfend einzugreifen. Ob bei der Oderflut, dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs oder weltweit bei Erdbeben, Überschwemmungen oder Tsunamis — die Helfer in Blau werden angefordert, wenn der Einsatz schweren Geräts notwendig ist oder der Unglücksfall Ausmaße hat, die die örtlichen Hilfskräfte alleine nicht bewältigen können.
Einzigartig ist dabei: 99 Prozent der Mitarbeiter des THW arbeiten ehrenamtlich. Das sind mehr als 80 000 Helfer deutschlandweit, die sich in ihrer Freizeit engagieren. Der Ortsbeauftragte Gerhard Gärtner kennt die Gründe: „Das Ehrenamt hat für das THW noch an Bedeutung gewonnen, seit die Wehrpflicht weggefallen ist. Seitdem kommen die Menschen rein aus eigener Motivation. Ich glaube, das THW ist so beliebt bei den freiwilligen Helfern, weil wir Vielschichtigkeit bieten.“
Tunnel abstützen, Verletzte bergen und erstversorgen, Zugänge schaffen, mit Pumpen arbeiten, sich und andere in Extremsituationen schützen und sichern — all das lernen die Helferanwärter, bevor sie nach der Prüfung das Dienststellungskennzeichen „Helfer“ erhalten. Davor muss aber ein halbes Jahr lang eine Grundausbildung absolviert werden: jeden Monat rund zehn Stunden Einweisung, Unterricht, Übungen.
Und neben all dem praktischen und theoretischen Wissen ist es vor allem die menschliche Komponente, die das THW so beliebt macht. Michael Peetz: „Man erlebt hier eine Kameradschaft, die wirklich etwas Besonderes ist — Zusammenhalt, Miteinander, Füreinander. Gerhard Gärtner ergänzt: „Für viele sind wir auch eine Art Familienersatz. Wir fangen sie auf, sind für sie da — auch über den Dienst hinaus.“