Wie sicher steht der Baum? Stadt führt Baum-Gesundheitscheck durch

Ratingen · Streusalz, die Hinterlassenschaften von Hunden oder Verletzungen der Wurzeln durch Grabungen machen Straßenbäumen zu schaffen. 65 Robinien im Stadtgebiet werden jetzt auf ihre Standfestigkeit überprüft.

Sachverständiger Dr. Jürgen Kurscheidt, Baumfachmann Michael Götze und Wolfram Walter (v.r.) simulieren mit Zugversuchen einen Sturm. Anhand der Messdaten können sie feststellen, ob der Baum standsicher ist.

Foto: Achim Blazy (abz)

(abin) Ein seltsames Bild bot sich den Ratingern am Freitag, 11. August, an der August-Wendel-Straße. Mit großen Karabinern, Seilen und allerhand elektronischen Messgeräten zogen Mitarbeiter der Stadt Ratingen von Baum zu Baum, um deren Gesundheitszustand zu testen. Insgesamt 65 Robinien im gesamten Stadtgebiet werden in den kommenden Wochen systematisch darauf hin kontrolliert, ob sie noch sicher stehen.

Die Bäume sind rund 30 bis 50 Jahre alt und säumen Ratinger Straßen. Dass sie gesundheitlich nicht auf der Höhe sind, ist der Stadt bekannt. Trotzdem sollen sie, wenn möglich, erhalten werden. Sogenannte Zugversuche sollen jetzt zeigen, ob die Bäume trotzdem noch verkehrssicher sind. „Durch diese sehr aufwendige Untersuchung erhalten wir eine fundierte Abschätzung, ob eine Fällung notwendig ist oder ob wir die Bäume erhalten können“, sagt Umweltdezernent Bert Wagener. „Bäume sind enorm wichtig für das Stadtklima, deshalb versuchen wir alles, um jedes einzelne Exemplar zu erhalten. Wenn aber der Zugversuch ergibt, dass ein Baum bei Wind nicht mehr bruchsicher ist, dann haben wir keine Wahl.“

Robinien waren vor allem in den 80er-Jahren sehr beliebte Straßenbäume und wurden in vielen Städten in großer Zahl gepflanzt. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Baumart sehr empfindlich reagiert: Streusalz, Hunde-Urin und Verletzungen der Wurzeln im Zuge von Aufgrabungen setzen den Bäumen zu. Sie werden anfällig für Pilzbefall.

Die betroffenen Bäume sehen auf den ersten Blick noch gesund aus

Die Fäule breitet sich dann vom Kern des Wurzelstocks nach außen zu den Haltewurzeln hin aus und beeinträchtigt irgendwann die Standsicherheit. Gleichzeitig sehen die betroffenen Bäume auf den ersten Blick noch gesund aus, da sie mit Nährstoffen und Wasser aus den Fein- und Nebenwurzeln versorgt werden, die sich in dem äußeren, rund zwei Zentimeter starken Splintholz befinden.

Wegen der inzwischen bekannten Probleme werden die Robinien von den städtischen Baumkontrolleuren systematisch untersucht. Im Frühjahr dieses Jahres schaltete das Amt für Kommunale Dienste in einem weiteren Schritt ein Sachverständigenbüro für Bäume ein, das an 100 Robinien im Alter zwischen 30 und 50 Jahren im Stadtgebiet eine Bohrwiderstandsmessung durchgeführt hat. Dabei wird die Holzdichte im Stammfußbereich mithilfe einer dünnen Metallnadel gemessen, die in den Stamm gebohrt wird. Während des Bohrvorgangs wird der Widerstand des Holzes gemessen, der Rückschlüsse darauf zulässt, ob und ab welchem Punkt das Holz im Stammesinneren morsch ist.

Bei diesen Voruntersuchungen wurde festgestellt, dass ein Baum sofort gefällt werden musste. Bei 65 weiteren Robinien ergab die Bohrwiderstandsmessung kritische Werte. Bei diesen Bäumen muss nun festgestellt werden, ob sie einen Sturm überstehen würden.

Dafür wird in einem Zugversuch eine windähnliche Belastung simuliert, indem an einem in der Krone befestigten Seil gezogen wird. Auf die Belastung reagieren Stamm und Wurzelplatte mit geringfügigen Verformungen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, von hochauflösenden Messgeräten aber erfasst werden. „Die Messung ist für den Baum unschädlich, und es besteht auch keine Gefahr, dass er dabei einfach umstürzt“, erklärt Michael Götze, Sachgebietsleiter Baum in der Abteilung Stadtgrün. Mittels einer Hochrechnung der Messwerte und einem Abgleich mit dem Baumumfeld wird schließlich ermittelt, ob der Baum auch einen Sturm ohne Bruch übersteht.

(abin)