Stadt sucht potenzielle Unterkünfte
Bis zu 3000 Flüchtlinge könnten bis Ende des Jahres in Ratingen leben. Die Kommune hat zwei Objekte als Einrichtung im Visier.
Ratingen. Sozialdezernent Rolf Steuwe formulierte es treffend bei einer Anwohnerversammlung zur Flüchtlingsunterkunft am Karl-Mücher-Weg: „Wer die täglichen Bilder in den Nachrichten sieht, der weiß, dass in dieser Situation nichts planbar ist.“ Wann Flüchtlinge kommen und wie viele untergebracht werden müssen, erfahren die Verantwortlichen im Rathaus bestenfalls 48 Stunden vorher. „Wir müssen schauen, dass wir vorbereitet sind, wenn zum Beispiel eine Anfrage nach einer weiteren Notunterkunft kommt“, so Steuwe.
Auch wenn die Bezirksregierung in solchen Fällen erst höflich anfragt, weigern kann sich eine Stadt nicht, eine Notunterkunft bereit zu stellen — im Zweifelsfall (wie in der Nachbarstadt Heiligenhaus geschehen) requiriert die Bezirksregierung das entsprechende Gebäude einfach.
So weit will es Ratingen nicht kommen lassen. Am kommenden Dienstag tagen unmittelbar nacheinander Hauptausschuss und Rat im Freizeithaus in West — eine Premiere. Dort will die Verwaltungsspitze die Politik über die weitere Vorgehensweise informieren. In den Fraktionen geistern derweil schon Zahlen herum, die in etwa erwarten lassen, was da in den kommenden Monaten noch auf alle Beteiligten zukommt: „Nach den neuesten Schätzungen der Stadtverwaltung könnten es bis Jahresende rund 3000 Flüchtlinge sein, die in der Stadt untergebracht sind“, so der Teilnehmer einer der Fraktionssitzungen im Gespräch mit unserer Redaktion. Offiziell werden sollen die Zahlen erst in einer Vorlage, die am Dienstag präsentiert wird.
Die hohe Zahl beinhaltet auch Flüchtlinge, die dann in Landesunterkünften untergebracht sind. Die werden zwar auf das Städtekontingent angerechnet, die Kosten übernimmt dafür allerdings zu 100 Prozent das Land. Solch eine Einrichtung ist zum Beispiel die Elsa-Brandström-Schule, in der bis zu 150 Menschen behelfsmäßig Platz haben.
Wie Steuwe am Rande der Anwohnerversammlung andeutete, wird dies aber wahrscheinlich nicht das einzige Objekt sein, dass die Stadt dem Land zur Verfügung stellt. Immer mehr verdichten sich die Hinweise, dass Ratingen auch eine Erstaufnahmeeinrichtung für mehrere hundert Menschen bekommen wird. Am Dienstag sollen die Lokalpolitiker darüber beraten. In den Fokus rückt dabei unter anderem das ehemalige Cemex-Gebäude in Tiefenbroich. Rund 90 000 Euro Monatsmiete soll es kosten.
Ob hier Flüchtlinge untergebracht werden können, hängt davon ab, ob das Gebäude schadstoffbelastet ist. Das wird zurzeit geprüft. Aber auch das ehemalige Bürogebäude an der Josef-Schappe-Straße ist noch immer ein Thema, um Flüchtlinge unterzubringen. Das hatte der Rat vor einigen Monaten wegen zu hoher Mietforderungen abgelehnt.
Wie zu erfahren war, soll der Eigentümer hier nachgebessert haben, so dass die Verwaltung der Politik diese Möglichkeit am Dienstag wieder vorlegt.
Der Vorteil im Vergleich zu dem alten Cemex-Gebäude: Die Kosten für eine Herrichtung als Unterkunft wären geringer. Unterschrieben ist nach Informationen unserer Zeitung aber noch nichts. Hier soll der Rat das letzte Wort haben.