Angeklagter vorerst wieder auf freiem Fuß
Gericht hat den Haftbefehl gegen 21-Jährigen im Vergewaltigungsprozess aufgehoben.
Velbert. Er sollte sein Opfer in deren eigener Wohnung angegriffen haben, die Behörden hatten mit Phantombild und Aufnahmen aus einer Sicherheitskamera nach ihm gesucht. Im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung einer Seniorin, vergangenen Juli in Velbert-Birth, hat das Landgericht Wuppertal nun den Haftbefehl gegen den 21-jährigen Angeklagten wieder aufgehoben. Die Richter entließen den Mann bei weiter laufendem Prozess in die Freiheit und begründeten dies so: „Es besteht kein dringender Tatverdacht mehr.“
Zuvor hatte die 68 Jahre alte Frau im Zeugenstand ausgesagt, zu ihrem Schutz unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Laut Anklage hätte der Mann am Tatabend unter einem Vorwand bei ihr geklingelt. Sie soll arglos geöffnet haben, eine Nachbarin erwartend. Dann hätte der Angeklagte sie in ihr Schlafzimmer gedrängt. Dort wäre er über sie her gefallen. Dabei soll ein unbekannter Komplize vom Flur aus zugeschaut haben, ohne einzugreifen. Nachdem die Frau den Saal verlassen hatte und nach weiteren Zeugenaussagen erklärten Rechtsanwälte André van der Pütten und Iyad Nassif den Richtern, ihr Mandant sei womöglich frei zu lassen: „Wir haben uns überlegt, dass das sinnvoll wäre, wegen der Widersprüche.“
Das Gericht beriet darüber und stimmte dann zu. Die Staatsanwältin hatte zunächst Bedenken angemeldet, aber nicht begründet. Ihre Sicht: „Mir ist das noch zu früh.“ Opfer-Anwältin Gabriele Bogen widersprach der Anregung der Verteidiger nicht. Der Angeklagte hatte während der öffentlichen Zeugenaussagen wiederholt den Kopf geschüttelt. Er zeigte sich den Tränen nah, als die Gerichtswachtmeister ihn aus der Untersuchungshaft entließen. Der Angeklagte hatte sich acht Tage nach dem mutmaßlichen Geschehen freiwillig gestellt, als die Polizei ihn bereits mit Haftbefehl suchte. Medien bezeichneten ihn öffentlich als „Sex-Gangster mit nordafrikanischem Aussehen“.
Laut Version des 21-Jährigen soll die Seniorin eine Zufallsbekanntschaft sein. Sie hätten einvernehmlich Sex gehabt. Zwei weitere Anklagepunkte sollen allerdings stimmen: eine exhibitionistische Handlung und ein sexueller Übergriff, vor der mutmaßlichen Vergewaltigung und zum Schaden anderer Opfer. Für beide Taten muss der Angeklagte mit Strafe rechnen. Laut einer Polizistin soll sich die 68-Jährige besonders geschämt haben, weil sie dem Mann selbst geöffnet habe. Richter Ulrich Krege stellte klar: „Das heißt jetzt nicht, dass wir der Version des Angeklagten folgen.“ Das Gericht setzt den Prozess am Donnerstag, 8. Februar, fort.