Azubis: Traumjobs sind überlaufen

Auf einen Ausbildungsplatz kommen in der Region zwei Bewerber. Trotzdem bleiben viele Stellen offen.

Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Samet Dogan hat den Einstieg in seinen Wunschberuf geschafft. Der 24-Jährige ist seit dem 1. August auszubildender Chemikant bei dem Unternehmen ASK Chemicals in Wülfrath. Dogan berichtet: „Ein Kumpel von mir ist bereits im dritten Lehrjahr und hat mein Interesse für den Beruf geweckt.“ Acht bis zehn Bewerbungen habe er geschrieben — dann hatte es auch schon geklappt.

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Dass es so glatt läuft, ist auf dem Ausbildungsmarkt rund um Wülfrath nicht selbstverständlich. In den Städten Wülfrath, Velbert und Heiligenhaus, die von der Arbeitsagentur zusammen erfasst werden, gibt es derzeit nur für jeden zweiten Bewerber eine freie Ausbildungsstelle.

Allerdings, so weiß Christoph Löhr, Sprecher der Agentur für Arbeit Mettmann, ist bereits ein Aufwärtstrend erkennbar: „Wir haben einen Zuwachs an neuen Stellen. Anfang August waren 526 Ausbildungsstellen in der Region gemeldet. Das sind 102 mehr als zur gleichen Zeit vor einem Jahr.“ Für Löhr ist das ein wichtiger Erfolg: „Die Unternehmen sehen langsam ein, dass sie selber ausbilden müssen. Der Nachwuchs kommt nämlich nicht von alleine.“

Dass der Fachkräftemangel keine Erfindung der Wirtschaft ist, beweisen die Zahlen. 118 Ausbildungsplätze sind in der Region Wülfrath, Velbert und Heiligenhaus noch unbesetzt. Berufsanfänger haben eigentlich die Qual der Wahl: Da werden Werkzeugmechaniker, Restaurantfachkräfte, Fachinformatiker in der Anwendungsentwicklung, Bäcker und viele mehr gesucht. Und dass, obwohl es zahlenmäßig doppelt so viele Bewerber wie Stellen gibt.

Der Grund dafür: Wunsch und Wirklichkeit gehen bei den Schülern oftmals auseinander. 2015 konzentrierten sich im Kreis Mettmann 42 Prozent der Bewerber auf die selben zehn beliebtesten Berufe. Ganz oben: Kaufmann im Büromanagement, Kaufmann im Einzelhandel und Verkäuferin. Diese Tendenz war vor zwei Jahren noch extremer, damals wollten fast 59 Prozent der jungen Leute im Kreis die gleichen zehn Berufe ausüben. Christoph Löhr ist froh darüber, dass dieser bedenkliche Trend etwas nachlässt: „Da zeigt sich, dass die Berufsvorbereitungen in den Schulen fruchten.“

Oftmals sei es nämlich sehr lohnend, vom Erstwunsch abzuweichen. „Die Alternative zum Traumberuf stellt sich manchmal schnell als die bessere Wahl heraus“, sagt der Arbeitsagentur-Sprecher.

Meistens bleiben gerade dann Stellen offen, wenn eine Ausbildung zu unbekannt ist oder ein Imageproblem hat. Ein Beispiel ist etwa der Beruf des Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik, in den vor Ort auch noch junge Leute einsteigen könnten — wenn sie wollen würden. Löhr schildert die bekannten Vorurteile: „Vielen denken, da baut man nur Klos ein, dabei installieren die Techniker auch Klimaanlagen von Supermärkten. Eine anspruchsvolle Aufgabe also.“

Manche Arbeitgeber haben das Problem, dass bei ihnen zwar Bewerbungen ankommen, jedoch nicht die richtigen Kräfte dabei sind. Natascha Tetzner, Ausbildungsleiterin bei ASK Chemicals in Wülfrath, klagt: „Die Großen wie Bayer und Henkel greifen uns oft die guten Leute ab.“ Die Chemie-Firma sucht noch Chemikanten für das Ausbildungsjahr 2016. Fünf bildet ASK derzeit aus, hinzu kommen ein Elektriker für Betriebstechnik, ein Industriemechaniker und in Kooperation mit Currenta eine Chemielaborantin.

Das ist nur ein winziger Ausschnitt der Vielfalt an anspruchsvollen Lehrberufen, die rund um Wülfrath gefragt sind. Nur sinkt die Gesamtzahl der Bewerber stetig. Das liege, so Christoph Löhr, daran, dass die jungen Leute mehr denn je aufs Studium gucken und die Lehrberufe vernachlässigen. Ein Imageproblem. Dabei findet der Jobexperte: „Eine Ausbildung ist heutzutage viel mehr Wert, als die meisten denken.“

Ausbildungsstellen im Netz:

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