Betrug im Bauamt: 4,6 Millionen mit Scheingeschäften erschlichen

Der Vorwurf gegen den verhafteten Rathaus-Mitarbeiter lautet, Rechnungen für Gebäudedienste erfunden zu haben.

Ratingen. Auf den Rathausfluren gab es am Donnerstag ein beherrschendes Thema: der aktuelle Korruptionsfall im Hochbauamt. In der Verwaltung herrscht Entsetzen über das Ausmaß des Schadens und die kriminelle Energie, mit der ein Mitarbeiter über Jahre hinweg mit fingierten Rechnungen einen Millionenschaden verursacht hat.

Der für den Bereich Haustechnik im Hochbauamt zuständige Mitarbeiter sitze weiter in Untersuchungshaft und verweigere bislang jede Aussage, teilte Staatsanwalt Johannes Mocken auf WZ-Anfrage mit. Wegen akuter Flucht- und Verdunkelungsgefahr werde der Tatverdächtige noch weiter in Haft bleiben.

Inzwischen scheint festzustehen, dass der Hochbauamts-Mitarbeiter über den Zeitraum von vier Jahren - von 2006 bis heute - eine Vielzahl von Aufträgen vergeben und Rechnungen dafür erstellt hat. Dabei ging es in der Regel um Arbeiten rund um die Bereiche Gebäudeservice und Rohrreinigung.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass gut 70 Prozent der Aufträge Scheingeschäfte waren. Bei seinen betrügerischen Machenschaften kam dem Mitarbeiter der Umstand entgegen, dass die Vergaberichtlinien der Stadt es erlauben, relativ geringe Summen ohne Gegenzeichnung freizugegeben. Diese Regelung im Kontrollsystem hatte er offenbar gezielt ausgenutzt und eine Fülle von Rechnungen im vierstelligen Bereich erfunden. In der Summe addierten die sich jedoch auf die ungeheure Summe von 4,6 Millionen Euro.

Abgewickelt wurden die faulen Geschäfte hauptsächlich mit zwei Firmen aus Düsseldorf, wobei die Staatsanwaltschaft nach ihren bisherigen Ermittlungen davon ausgeht, dass eine davon eine Scheinfirma ist. Sie soll speziell dafür gegründet worden sein, um die kriminellen Machenschaften abwickeln zu können. Im Gegensatz zu dem städtischen Angestellten seien der Geschäftsführer der Firma sowie ein Mitarbeiter der Scheinfirma laut Staatsanwaltschaft geständig.

Aufgeflogen ist das ganze System, als das Rechnungsprüfungsamt Unregelmäßigkeiten entdeckte: Rechnungsnummern waren doppelt vergeben worden. Bei weiteren Überprüfungen wurde dann schnell deutlich, dass dies keine Zufälle sein konnten. Das Prüfungsamt informierte darauf den Bürgermeister, der sofort die Kripo einschaltete.

Wie die WZ erfahren hat, soll der Tatverdächtige völlig unauffällig gelebt haben, also nicht durch einen ungewöhnlichen Lebenswandel besondere Aufmerksamkeit erregt haben. Allerdings soll er sich einmal entschieden dagegen gewehrt haben, als man ihm einen Kollegen zur Seiten stellen wollte, der mit ihm zusammenarbeiten sollte. Ob die Stadt von dem veruntreuten Geld jemals etwas wiederbekommen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.