Claudia Panke: „Ich habe die Entscheidung noch keine Minute bereut“
Aus ihrem Job bei der Deutschen Bahn wechselte Claudia Panke im vergangenen Herbst auf den Chefsessel im Rathaus. Verändert das Amt die Person? Ein sehr persönliches Gespräch mit der Bürgermeisterin.
Sie hatten vor der Wahl nicht viel Zeit, sich auf Ihr neues Amt einzustellen. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass die Entscheidung falsch gewesen sein könnte?
Panke: Die Frage wird mir oft gestellt. Ich habe die Entscheidung noch keine Minute bereut, obwohl ich durchaus ein schwieriges Erbe angetreten habe.
Fühlt man sich als Bürgermeisterin nicht plötzlich für alles verantwortlich?
Panke: Bislang sind die Baustellen der Vergangenheit zu schließen und ich konnte eigentlich nur "aufräumen". Ich freue mich auf den Zeitpunkt, wenn ich den Blick nur noch nach vorne richten kann.
Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie darüber nachdenken, was sich in Ihrem Leben seit der Wahl verändert hat?
Panke: Ich hatte auch in meinem vorherigen Job einen vollen Terminkalender und Arbeitszeiten bis in die Abendstunden. Allerdings war ich da noch häufiger unterwegs, so zwischen zwei und vier Tage in der Woche. Jetzt komme ich jeden Abend nach Hause - das genieße ich!
Ist jeder Tag mit seinen unvorhersehbaren Herausforderungen eine Motivation, oder stresst es Sie auch manchmal, nicht zu wissen, ob man ihn "heil" übersteht?
Panke: Manchmal denke ich beim Blick in den Terminkalender schon, dass ich einen anstrengenden Tag vor mir habe. Aber oft läuft das dann auch anders, als man denkt. Termine laufen besser als gedacht, oder man hat eine nette Unterhaltung zwischendurch. Allerdings vergesse ich das Essen, wenn ich zu viel Stress habe. Darauf muss ich bewusst achten.
Ist es belastend, dass Sie jetzt auf der Straße jeder kennt?
Panke: Das stört mich nicht, damit muss man sich als Bürgermeisterin arrangieren.
Wie ist das mit dem Delegieren. Fällt Ihnen das schwer?
Panke: Nein, überhaupt nicht. Man muss klare Anweisungen geben und Freiräume für Entscheidungen lassen.
Sie müssen unpopuläre Entscheidungen fällen, mit denen Sie sich keine Freunde machen. Wie gehen Sie damit um?
Panke: Ich versuche die Emotionen herauszunehmen und lege den Schwerpunkt auf Zahlen, Daten und Fakten. Mir ist ein harmonisches Miteinander schon wichtig, deshalb versuche ich möglichst gut zu informieren und zu kommunizieren.
Als Bürgermeisterin haben Sie Macht. Haben Sie keine Angst, dass Sie das Amt stärker verändert als Sie es jetzt vielleicht glauben?
Panke: Ich mache mir schon Gedanken. Macht ist ein schlechter Begleiter. Man sollte sich immer wieder den Spiegel vorhalten und möglichst bei sich selbst bleiben.
Sie leben allein und haben bislang auf die Gründung einer Familie verzichtet. War das eine bewusste Entscheidung?
Panke: Ich könnte mir mein Leben auch sehr gut mit Familie vorstellen, und manchmal bedauere ich auch, dass es nicht so gekommen ist. Aber an den Wendepunkten meines Lebens war ich immer ohne Partner, so dass sich diese Frage beziehungsweise Entscheidung leider nicht gestellt hat.
Ein Partner an Ihrer Seite würde vermutlich Gefahr laufen, ein Schattendasein zu führen, oder?
Panke: Einen Mann kennen zu lernen, ist relativ leicht. Wenn es um ernste Bindungen geht, wird es schwieriger. Ich hab’ natürlich auch meine schwachen Momente und wünsche mir eine starke Schulter zum Anlehnen.
Macht es Spaß, als Frau einer Männerwelt vorzustehen, oder muss man doppelt so gut sein, um Erfolg zu haben?
Panke: Das kenne ich schon aus meinem früheren Job. Je weiter ich im Konzern (Deutsche BahnAG, Anmerkung der Redaktion) nach oben kam, desto mehr Männer waren da. Mein Coach hat mir damals gesagt: "Sie stören die Jungs beim Spielen". Männer schließen Koalitionen, in die man als Frau nur schwer eindringen kann. Man sollte sich als Frau aber nicht verbiegen und quasi zum Mann werden.
Ist das Amt der Bürgermeisterin in Ihrer Karriere ein Höhepunkt, und wäre es ein Karriereknick, wenn es keine zweite Amtszeit geben sollte?
Panke: Von der Funktion her ist es sicher ein Höhepunkt. Es ist auch ungewohnt, überall als VIP begrüßt zu werden. Vielleicht gibt es ja eine zweite Amtszeit - und wenn nicht, sehe ich das auch gelassen. Der nächste Schritt muss nicht nach oben, sondern er kann auch zur Seite gehen.