„Das Kleid war uns eine Nummer zu groß“
Dechant Markus Bosbach über Verhandlungen, Verantwortung und Visionen.
WZ: Herr Bosbach, wie laufen die Verhandlungen mit der Stadtverwaltung?
Bosbach: Es gibt noch Restverhandlungen einzelner Kirchengemeinden. Die meisten Dinge sind aber geklärt und Vieles auch schon umgesetzt.
Da hatten Sie sicher leichtes Spiel. Schließlich ist ja die Stadt in der Pflicht, für genügend Kindergartenplätze zu sorgen. . .
Bosbach: So kann man das nicht sagen. Wir hatten immer ein partnerschaftliches Verhältnis. Die Stadt war ein angenehmer Gesprächspartner und sehr kompetent besetzt.
Warum haben Sie dann nicht alle Einrichtungen abgewälzt, um die es Ihnen ging?
Bosbach: Das ergab sich bei den Einzelverhandlungen: Bestimmte Einrichtungen würden ohnehin nur noch für einen bestimmten Zeitraum gebraucht, aus baulichen Gründen oder wegen des Bedarfs. Da gab es dann ein beiderseitiges Entgegenkommen: Die Kirche bleibt in der Trägerschaft, die Stadt trägt die laufenden Kosten.
Auf der einen Seite versuchen Sie, Kosten loszuwerden, auf der anderen Seite wollen Sie nicht zu viele Kindergärten abgeben. Ist das nicht widersprüchlich?
Bosbach: Nein, wir tragen die Kindergärten ja deshalb, weil wir überzeugt sind, dass wir schon in diesem frühen Alter prägend tätig sein können - auch religiös. Wir versuchen, eine verantwortliche pädagogische Arbeit zu leisten.
Dann sollten doch alle Kinder in den Genuss ihrer Pädagogik kommen.
Bosbach: Ein Stück weit ist es ja so, wir sind ja kein abgeschotteter Verein. Durchschnittlich 75 Prozent der Kinder in unseren Einrichtungen sind katholisch. Allerdings gibt es auch die betriebswirtschaftliche Rechnung. Und die muss zugunsten jener Kinder gehen, deren Eltern Kirchensteuer zahlen.
Fürchten Sie dann nicht, dass Ihnen gerade diese Mitglieder den Rückzug verübeln?
Bosbach: Ein solcher Effekt ist zum Glück nicht eingetreten. Vielleicht auch, weil wir den Eltern vernünftig vermittelt haben, dass nur die Zahl der Kindergartenplätze an die Zahl der katholischen Kinder angepasst wurde. Wir haben sozusagen das Kleid eine Nummer enger genäht, das uns zu groß war. Von einem Rückzug aus der Fläche kann ja keine Rede sein.
Aber Sie tragen doch auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. . .
Bosbach: Durchaus, doch diese Gesamtverantwortung für die Gesellschaft können wir nicht institutionell abwälzen. Die Aufgabe, die Gesellschaft zu prägen, liegt bei jedem einzelnen Katholiken.
Worauf müssen sich Ihre Mitglieder nun einstellen? Kommt nach "Zukunft heute" ein "Zukunft morgen"?
Bosbach: Ganz klar: Die Mitgliederzahl wird durch den demografischen Wandel weiter abnehmen. Das jetzige Programm sichert unsere Handlungsfähigkeit bis über 2010 hinaus.