Ratingen: Tür ins Arbeitsleben geöffnet
Seit einem Jahr sammeln Ratinger Einrichtungen Erfahrungen mit dem Kombilohn – und sind begeistert.
Ratingen. Wenn es Manfred Heinrichsen (Name geändert) nicht gäbe, hätte die Arbeitsagentur seine Geschichte wohl erfunden - zu Werbezwecken. Denn Heinrichsen ist das Musterbeispiel dafür, wohin persönlicher Einsatz und gezielte Förderung nach dem neuen Kombilohn-Modell im Idealfall führen können. Zu fester Beschäftigung nämlich.
Der heute 45-Jährige hatte in der DDR einen Facharbeiter als Agrochemiker gemacht - ein Berufsbild, das es heute nicht mehr gibt, ein exotischer Abschluss mit traurigen Perspektiven. Nach langer, vergeblicher Jobsuche machte sich Heinrichsen als Hausmeisterassistent und Ein-Euro-Jobber an Ratinger Schulen nützlich. Daran schloss sich das "Job plus"-Programm an, mit Praktika in Betrieben. Heinrichsen blieb am Ball, zeigte Einsatz und empfahl sich damit für eine Kombilohn-Stelle. Eine Handvoll davon gibt es inzwischen in Ratingen.
"Er hat sich richtig gut bewährt", erinnert sich Robert Wierichs vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), der den Mann in der Textilwerkstatt "Rock & Rolli" unterbrachte. Eine Stelle, die es vorher nicht gab: Spenden abholen, Lebensmittel fürs Stehcafé einkaufen oder Botengänge erledigen - Heinrichsen konnte sich vielseitig einbringen. Nach gerade mal sechs von 24 Monaten reichte er seine Kündigung ein: Er hatte eine feste Stelle als Schlosser gefunden.
Nicht nur beim SkF ist man überzeugt, dass das junge Arbeitsmarkt-Instrument allen Seiten nützt: "Mit der Perspektive, zwei Jahre fest eingestellt zu sein, entfalten sich die Menschen viel besser", meint Irmgard von der Heiden-Alfing, die bei der Diakonie für die Beschäftigungsförderung zuständig ist. In ihrem Haus wurden inzwischen vier Kombilohn-Stellen eingerichtet, die fünfte folgt bald.
Schließlich ist das Modell auch für die Arbeitgeber attraktiv. Die Kombilöhner bekommen meist ein untertarifliches Salär, die Hälfte davon übernimmt außerdem die Arge. Von billigen Arbeitskräften könne dennoch keine Rede sein, findet Wierichs: "Die Leute haben in der Regel ja noch nicht die volle Leistungsfähigkeit." Außerdem bleibe die Motivation erhalten, sich um voll bezahlte Jobs zu kümmern. Bei Heinrichsen hat es funktioniert.
Missbrauch versucht der Gesetzgeber durch strenge Vergabekriterien zu vermeiden. Kombilohnstellen müssen nämlich "wettbewerbsneutral" und "arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig" sein. Das lässt sich meist nur mit zusätzlichen Arbeitsplätzen erfüllen, die es ohne die Förderung gar nicht gäbe. Privatunternehmen tun sich schwer, den Nachweis zu erbringen, dass keine bezahlten Stellen durch den Kombilohn verdrängt werden. Deshalb sind sie bei den Kombilohn-Arbeitgebern auch noch eine verschwindende Minderheit.