Ein Schulwandel mit Reibungsverlusten

Das Auslaufen der Realschule hat unbequeme Folgen. Da die Sekundarschule kaum freie Plätze hat, gucken nicht Versetzte in die Röhre.

Ein Schulwandel mit Reibungsverlusten
Foto: Dietrich Janicki

Wülfrath. An der Bergstraße stehen die Schüler auf dem Pausenhof zusammen, tratschen und albern herum. Was aussieht, wie eine Schule, sind in Wirklichkeit zwei. Die Acht- bis Zehntklässler sind noch Realschüler, die Fünft- bis Siebtklässler sind schon Sekundarschüler. Noch für ein Jahr sind die „alten Hasen“ in der Überzahl: 253 Realschülern stehen rund 245 Sekundarschüler gegenüber. In drei Jahren ist die Theodor-Heuss-Realschule dann endgültig ausgelaufen. Der Weg dahin ist jedoch steinig.

„Ich habe mir den Umwandlungsprozess etwas leichter vorgestellt“, sagt Schulleiter Frieder Winterberg, der die Einrichtung 35 Jahre begleitet hat. Besonders für den letzten Jahrgang, der jetzigen Achter, ist die Situation nachteilig. „Diejenigen, die es dort nicht schaffen, stehen im Regen“, sagt der 61-Jährige. Eigentlich hatte er angenommen, dass nicht Versetzte Anschluss in der Sekundarschule finden können, das erwies sich jedoch als Trugschluss. „Die Klassen sind voll“, sagt Winterberg. Die Bezirksregierung habe darauf gedrängt, die Stufen voll auszulasten, so dass kein Puffer für die Realschüler geblieben ist.

So konnte die Sekundarschule nach den jüngsten Sommerferien von drei Wiederholern nur eine Schülerin aufnehmen. Die beiden anderen, so Winterberg, waren gezwungen, den Standort zu verlassen und suchten Ersatz außerhalb der Stadtgrenzen.

Ebenfalls schwerer als angenommen ist die Organisation der zwei Schulen, die durch das Lehrerkollegium miteinander verzahnt sind. „Wir haben hier 40 Lehrer in diesem Jahr, von denen mehr als die Hälfte in beiden Schulformen unterrichten“, berichtet Frieder Winterberg. Konferenzen, Klassenfahrten — alles muss mit allen abgestimmt werden. Engpässe wiegen da besonders schwer, etwa durch Krankheit oder Fortbildung. „Wir profitieren aber auch gegenseitig“, sagt Winterberg.

Frieder Winterberg, Schulleiter

Weil eine Kollegin von der Bezirksregierung abgezogen wurde, teilen sich die Schulen neuerdings auch eine Lehrkraft im Bereich Inklusion. Winterberg ist verärgert: „Die Stunden unserer integrativen Lerngruppe wurden dadurch um 40 Prozent reduziert.“ Dazu habe er der NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann bereits einen Brief geschrieben.

Kleine, feine Unterschiede gibt es zwischen den beiden Schulen in einem Gebäude doch. So ist etwa für die Sekundarschule bereits in allen Klassenräumen Internet verfügbar. „Wir warten noch darauf“, berichtet Winterberg, der weiß, dass dieser Punkt bei der Stadt auf der Agenda steht, jedoch noch nicht umgesetzt ist.

Manche Bürger könnten noch immer nicht verstehen, warum die Realschule schließen muss, die mit ihrer 150-jährigen Geschichte, die älteste Schule in Wülfrath ist und bis zuletzt einen guten Ruf genoss. Winterberg werde oft darauf angesprochen und seine Antwort ist wenig überraschend: „Wir wollten gerne Realschule bleiben, aber dafür haben wir nicht mehr genug Kinder.“ Auch der Sekundarschule rannten die Eltern zuletzt nicht mehr die Türen ein. Die Mindestanmeldezahl für die geforderte Dreizügigkeit wurde gerade so erreicht.