Flüchtling ohne Ticket — ein Grenzfall
Wülfrath. Der Asylbewerber Samuel (Namen von der Redaktion geändert) hat monatlich 123,13 Euro zur Verfügung. Kein Wunder, dass ihn ein Schreiben der Regiobahn unruhig machte, denn Samuel sollte von seinem minimalen Taschengeld 60 Euro als Strafe fürs Schwarzfahren berappen.
Der Flüchtling hatte nach eigener Aussage das Tarifsystem missverstanden.
Sabine Hovermann, Regiobahn
Mit seinem Problem wandte sich der Bewohner der Einrichtung In den Eschen an den ehrenamtlichen Helfer Claus Klingler. Der findet die Forderung des Verkehrsunternehmens nicht in Ordnung. „Es müsste eine Härtefallregelung geben“, sagt er. In Frankfurt habe er selbst gesehen, wie Kontrolleure einen Flüchtling, der offenbar kein Deutsch sprach und kein gültiges Fahrtticket hatte, höflich zum Aussteigen aufforderten, damit er nachlösen konnte. Das Vorgehen des Hamburger Verkehrsbundes (HVV) machte bundesweit Schlagzeilen. Dort soll es eine interne Anweisung geben haben, Asylsuchende mit „Augenmaß“ zu kontrollieren und bei jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob man bei nicht gültigen Fahrkarten nicht Kulanz walten lassen könnte.
Samuel ist sicher einer dieser Grenzfälle. Der Flüchtling fuhr vor ein paar Tagen mit der Linie S28 der Regiobahn und wurde kontrolliert. Er hatte zwar ein Ticket gekauft, wusste aber nicht, dass dieses nicht zur Rückfahrt auf der selben Strecke gültig ist. Klingler schildert die schwierige Situation: „Er spricht kein Deutsch und kann sich bedingt auf Englisch verständigen.“
Der Wülfrather schickte der Regiobahn einen Leistungsbescheid des Sozialamtes Wülfrath und wies auf Samuels Sprachprobleme hin. Zurück kam ein Angebot: Ratenzahlung. Das ist für den Wülfrather Künstler aber zu wenig: „Kein Wort des Entgegenkommens oder gar des Verständnisses.“
Am Ende sollte die Geschichte für Samuel doch noch ein Happy End haben. Als sich die WZ einschaltete und sich bei der Regiobahn wegen einer Härtefallregelung erkundigte, zeigte sich das Verkehrsunternehmen in diesem speziellen Fall bereit, lediglich eine Bearbeitungsgebühr von fünf Euro zu erheben.
Pressesprecherin Sabine Hovermann macht aber deutlich: „Es gibt eigentlich keine Härtefallregelung bei uns.“ Unwissenheit schütze nicht vor Strafe.